Nehmt das Wort
Das im Vatikanverlag gedruckte Büchlein umfasst die vier Evangelien und die Apostelgeschichte, Passagen aus dem Papstschreiben "Evangelii gaudium" sowie ein Gebet des seligen John Henry Newman (1801-1890). Es handele sich um ein Geschenk, betonte Franziskus, als sich die Menschen zum Abschluss des Mittagsgebets an den Verteilstellen drängten. Allerdings erbitte er dafür eine kleine Gegenleistung: ein Gebet für einen Nachbarn oder eine Geste der Versöhnung gegenüber einem Widersacher.
Ob Mini-Bibel oder Bibel-App: Lesen, lesen, lesen
Es gebe heute viele technische Möglichkeiten, die Bibel mit sich zu tragen und zu lesen, sagte der Papst vor mehreren zehntausend Besuchern auf dem Petersplatz: auf dem Handy, auf dem Tablet. "Wichtig ist, dass man das Wort Gottes liest, egal mit welchen Mitteln, und dass man es mit offenem Herzen aufnimmt." So werde es immer Frucht bringen. Zuvor hatte er über den Kurznachrichtendienst Twitter zum häufigen Lesen der Frohen Botschaft aufgerufen: "Im Evangelium können wir jeden Tag Jesus hören, der zu uns spricht: Tragen wir immer ein kleines Evangelium bei uns!"
Im Rahmen des Angelus-Gebets warnte der Papst Katholiken vor Egoismus, Stolz und Mittelmäßigkeit. Man dürfe sich nicht in sich selbst und in einem falschen Leben verschanzen und abkapseln, sondern müsse aus "dem Gefängnis der Sünden" herausgehen, sagte er: "Merkt euch gut: Die Barmherzigkeit, die Gott allen anbietet, hat keine Grenzen."
Gedenken an Ruanda-Völkermord
Einen großen Teil der Ansprache auf dem Petersplatz widmete Franziskus dem afrikanischen Kontinent: 20 Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs in Ruanda rief er zu weiterer Aussöhnung in dem ostafrikanischen Land auf. "Ich ermutige euch, weiter mit Entschlossenheit und Hoffnung den Prozess der Versöhnung fortzusetzen, der bereits seine Früchte gebracht hat", sagte er. Es gehe um einen menschlichen und geistigen Aufbau des Landes. In dem im April 1994 begonnenen Bürgerkrieg hatten radikale Hutu rund 800.000 Angehörige der Tutsi sowie gemäßige Hutu ermordet.
"Habt keine Angst! Erbaut auf dem Felsen des Evangeliums eure Gesellschaft in Liebe und in Eintracht; denn nur so schafft man einen dauerhaften Frieden", appellierte der Papst. Er bekundete "dem ganzen ruandischen Volk seine väterliche Verbundenheit". Alle Katholiken rief er zum Gebet für Ruanda auf. Bereits am Donnerstag hatte Franziskus das Land bei einer Audienz für ruandische Bischöfe zu "nationaler Versöhnung" aufgerufen. Die Vorurteile und ethnischen Spaltungen im Land müssten überwunden werden.
Aufruf zu Kampf gegen Ebola in Westafrika
Außerdem rief Franziskus zum Kampf gegen die Ebola-Krankheit in Guinea und afrikanischen Nachbarstaaten aufgerufen. "Beten wir für die Opfer des Ebola-Virus" und jene, die sie pflegen und sich bemühen, den weiteren Ausbruch dieser Epidemie zu bekämpfen, sagte das Kirchenoberhaupt. Die Ebola-Krankheit breitet sich derzeit von Guinea aus rasch im westlichen Afrika aus. 80 Menschen sind Medienangaben zufolge bereits daran gestorben. Bislang gibt es keine wirksame Impfung oder Medizin; in vielen Fällen verläuft die Krankheit tödlich.
Am Samstag hatte der Papst die Staatspräsidentin von Liberia und Friedensnobelpreisträgerin Ellen Johnson Sirleaf in Audienz empfangen. Wie der Vatikan im Anschluss mitteilte, sprachen sie über die demokratische Entwicklung des westafrikanischen Staates und das Engagement der Kirche für die nationale Aussöhnung. Die Präsidentin Liberias wurde 2011 für ihren gewaltfreien Kampf um Frauenrechte mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Gedenken an Erdbeben von L'Aquila 2009
Zudem erinnerte der Pontifex an das schwere Erdbeben in der italienischen Stadt L'Aquila vor genau fünf Jahren. Damals waren in den Abruzzen mehr als 300 Menschen getötet und fast 70.000 obdachlos geworden. Solidarität, Gebet und geistige Erneuerung bildeten die Grundlage auch eines materiellen Wiederaufbaus, sagte der Papst am Sonntag auf dem Petersplatz. Das Erdbeben der Stärke 5,8 auf der Richterskala hatte in der Nacht auf den 6. April 2009 mehr als 15.000 Gebäude beschädigt.
Am Nachmittag besucht Franziskus eine römische Pfarrei in einem Problemviertel im Süden der Stadt. Während des vierstündigen Aufenthaltes werde er mit verschiedenen Gruppen der Pfarrei San Gregorio Magno im Außenbezirk Portuense zusammentreffen und dabei auch deren umfangreiche Sozialarbeit kennenlernen, meldet Radio Vatikan. So werde er sich über Einrichtungen für Arme und für Arbeitslose, aber auch über Initiativen zur Wiedereingliederung von ehemaligen Strafgefangenen und Drogenabhängigen informieren. Es ist sein sechster Pastoralbesuch in einer Pfarrei seiner Diözese Rom. (luk/KNA)