Standpunkt

Die Kirche hat eine politische Verantwortung

Veröffentlicht am 18.08.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wenn es politische Aussagen von Kirchenvertretern gibt, hagelt es oft Kritik: Die Kirche solle sich nur um das kümmern, wofür sie zuständig sei. Schwester Maria Gabriela Zinkl sieht das anders: Die Kirche muss sich politisch engagieren.

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Das katholische Hilfswerk missio fordert die Bundesregierung dazu auf, afghanische Helfer der deutschen Streitkräfte dringend vor der Gewalt der Taliban zu retten. In seiner jüngsten Festtagspredigt ruft der Münchener Kardinal Marx zur Impfung zum Schutz vor COVID-19 auf. Der Augsburger Bischof Meier predigt, die katholische Kirche müsse die Suizidbeihilfe gegenüber dem Gesetzgeber geschlossen ablehnen. Und der Würzburger Hochschulpfarrer warnt in den sozialen Medien vor versteckten fremdenfeindlichen Äußerungen eines Bundeskanzlerkandidaten. Für politische Aussagen wie diese von Seiten der Kirche hagelt es Kritik. Eine entrüstete Katholikin kommentiert sinngemäß: "Die Kirche ist kein Ministerium. Dafür gibt es Politiker. Sie sollte sich genau um das kümmern, wofür sie zuständig ist, zum Beispiel Messformen und Bischöfe." Eine vergleichbare Widerrede ertönt regelmäßig auch aus einer ganz anderen Ecke, von Gegnern des zu engen Verhältnisses zwischen Staat und Kirche in Deutschland.

Darf Kirche politisch sein? Der kürzlich verstorbene Jesuit Bernd Hagenkord beantwortete diese Frage in einem seiner letzten Interviews mit der ihm eigenen Weitsicht: "Das Geistliche ist etwas eminent Politisches. Beten hat was mit Selbstverändern zu tun und Selbstverändern hat was mit Beten zu tun. Das kann man nicht auseinanderdividieren."

Zwar ist es Klerikern verboten, öffentliche politische Ämter wahrzunehmen (Can. 285 § 3 Codex Iuris Canonici), doch heißt das für die Kirche noch lange nicht, die politische Dimension der Botschaft Christi zu ignorieren und hinter Kirchenmauern wegzusperren. Ist nicht jede und jeder Getaufte dem Evangelium verpflichtet und damit auch dem Einsatz für einen verantwortungsvollen Umgang der Menschen und der Schöpfung in den verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft? Dafür muss man oder frau nicht Mitglied einer Partei sein. Und umgekehrt kommt jede Abschiebung dieser eigenen Verantwortung einem christlichen Armutszeugnis gleich, frei nach dem Motto: "Soll sich doch die Caritas um gerechte Lohnzahlungen kümmern."

Gilt nicht im Geiste Jesu, angefangen bei der christlichen Pfadfinderin über den Diakon bis hin zum Bischof von Rom: so zu handeln wie Christus es getan hat und immer wieder Partei zu ergreifen für die Menschen, gerade für die, die keine eigene Stimme haben.

Von Schwester Maria Gabriela Zinkl

Die Autorin

Schwester Dr. Maria Gabriela Zinkl SMCB ist Borromäerin im Deutschen Hospiz St. Charles in Jerusalem und arbeitet als Dozentin für Kirchenrecht und als Pädagogin.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.