Standpunkt

Populismus macht den Synodalen Weg schwieriger und unglaubwürdiger

Veröffentlicht am 07.09.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Auf einer Internetseite veröffentlicht der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer Alternativtexte zum Synodalen Weg. Thomas Arnold hinterfragt, warum die Impulse nicht im Prozess diskutiert werden – und mahnt mehr Bemühen zum Konsens an.

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Fast schon wird es eine Tradition: Seit inzwischen drei Jahren veröffentlicht Bischof Voderholzer zum Ende der bayerischen Sommerferien einen Beitrag zum Synodalen Weg. Medial fein inszeniert war es im ersten Jahr der eigentlich für den Ständigen Rat bestimmte Alternativentwurf zur Geschäftsordnung des Reformprojekts, im letzten Jahr der offene Brief zur Ämterfrage für Frauen und jetzt eben die neue Online-Plattform, die zu ihrem Auftakt ganz eigene Thesen zur Kirchenreform präsentiert. Was für eine Überraschung, die doch absehbar war.

Ebenso mit Gelassenheit könnte man auch die 54 Seiten der vier Autor*innen lesen, wenn da nicht der dahinterstehende Vorwurf wäre, nicht ausreichend an Abstimmungsprozessen beteiligt gewesen zu sein. Der herbe Vorwurf hat auch sofort Gegenreaktionen erzeugt, sowohl inhaltlich als auch auf die Anschuldigung, übergangen worden zu sein. Aber hat man überhaupt die Wege des Einbringens genutzt, die ein Übergehen voraussetzen?

Ein Rückblick im Staccato: Das Forum setzte sich nicht aus einer vorgefertigten Liste zusammen, sondern bot bei der ersten Synodalversammlung die Möglichkeit, fünf Personen hinzu zu wählen. Eine Geschäftsordnung regelte den Modus des Miteinanders. Es war Konsens aller im Forum Macht, die Beratungen bis zu einem gemeinsamen Arbeitsstand vertraulich zu behandeln. Deswegen keine Veröffentlichung von Eingaben, Entwürfen und Ideen der Weiterentwicklung. Noch in der konstituierenden Sitzung bildeten sich Arbeitsgruppen, in denen alle mitarbeiten konnten. Natürlich eine Frage der eigenen zeitlichen Ressourcen. Doch wenn nun der Stadtdechant von Bonn sagt, er sei nicht gehört worden, wäre im Gegenzug zu fragen: Wo warst du, als man dich rief? Denn weder in der Erarbeitung theologischer Grundlegungen noch bei langfristig terminierten Treffen zur Erarbeitung von konkreten Beschlussvorlagen zur künftigen Ausgestaltung von Macht und Verantwortung waren Anwesenheit oder schriftliche Vorschläge zu vernehmen. Hier wäre genau jene Zeit und jener Ort gewesen, um über Positionen und Formulierungen zu ringen. Deswegen ist es enttäuschend, dass die "Thesen zu einem veränderten Umgang mit Macht und Machtmissbrauch" die schon angedachten Punkte zu Veränderungsmöglichkeiten aufgreifen, aber zu keinem Zeitpunkt den Weg in die Arbeitsprozesse des Forums Macht fanden, um dort adäquat diskutiert zu werden. Wie groß müssen die Verwundungen sein? Oder ist es eine bewusste Guerilla-Taktik, um mit der Methodik der nicht berücksichtigten Minderheit Anerkennung außerhalb des Synodalen Wegs zu finden? Auf jeden Fall geht mit einem solchen Verhalten Vertrauen zwischen den Beteiligten verloren.

Wenn die Methode populistisch wird und gegebene Strukturen bewusst nicht genutzt werden, um später öffentlichkeitswirksam eigene Antworten zu präsentieren, macht es das Miteinander sowohl für alle Beteiligten schwieriger als auch für die beobachtende Öffentlichkeit unglaubwürdiger. Am Ende wird der Prozess des Synodalen Wegs eben auch eine Vorbildwirkung ob seiner Debattenkultur haben. Gelingt es uns, ehrlich und ernsthaft zu streiten, ohne den anderen als Menschen aus dem Blick zu verlieren? Auch daran wird sich die Authentizität des Christlichen in unseren Tagen messen lassen müssen. Vielleicht sogar besonders daran. Immerhin gilt doch: Ein Herr. Ein Glaube. Eine Taufe (Eph 4,5).

Für jetzt ist diese Chance mit dem Aufschlag vertan. Die Website ist geschaltet, der Alternativtext veröffentlicht, am Montag kam ein weiterer von Bischof Oster hinzu. Natürlich kann jetzt jeder in seinem Graben verbleiben und dort verharren. Vielleicht sogar die Mauern noch höher bauen. Oder aber eben das Gemeinsame suchen. Dies wäre Konsens – und vielleicht ist das demokratisch anrüchige Wort sogar in Kirche möglich. Denn Strukturen sind keine Dogmen. Deswegen muss man sie auch nicht als solche behandeln, sondern könnte das Gemeinsame in den nun vorliegenden Texten für die zweite Lesung in der Synodalversammlung suchen. Es wäre eine unabsehbare Überraschung auf der Website mit Alternativtexten.

Von Thomas Arnold

Der Autor

Thomas Arnold ist Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.