"Veränderung geschieht langsam, aber sie geschieht"

Rothe: Frauenordination als Ergebnis der Weltsynode nicht realistisch

Veröffentlicht am 08.09.2021 um 12:37 Uhr – Lesedauer: 

Zürich/München ‐ Der weltweite Synodenprozess werde keine radikalen Reformbeschlüsse bringen, sagt der Münchner Priester Wolfgang Rothe. Das liege am starren Wesen der Bischofssynode. Trotzdem hält er den Weg für sinnvoll und sieht klare Zeichen der Veränderung.

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Der Münchener Priester Wolfgang F. Rothe hält es für unrealistisch, dass am Ende des weltweiten synodalen Prozesses ein Beschluss zur Frauenordination steht. Derartige Maximalerwartungen würden das Wesen der Bischofssynode als Instrument der Stabilität und Beharrlichkeit verkennen, schrieb Rothe am Mittwoch in einem Gastbeitrag für das Schweizer Kirchenportal "kath.ch". Mit seinem Text nimmt Rothe Bezug auf die am Dienstag vom Vatikan vorgestellten Vorbereitungsdokumente für die im Oktober beginnende zweijährige Weltsynode.

Man brauche kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, "dass am Ende des weltweiten synodalen Prozesses keine Beschlüsse stehen werden, denen zufolge Frauen Zugang zu allen kirchlichen Ämtern erhalten, Bischöfe künftig vom Kirchenvolk gewählt werden und die Diskriminierung homosexueller Menschen endlich ein Ende findet", so der promovierte Kirchenrechtler. Solche Hoffnungen scheiterten bereits an der rechtlichen Verfassung der römischen Bischofssynode: Sie sei als Beratungsgremium des Papstes nicht demokratisch legitimiert und zu eigenen verbindlichen Beschlüssen fähig. Angesichts virulenter kirchenpolitischer Probleme hält Rothe daher fest, dass die Bischofssynode "nicht Teil der Lösung ist, sondern Teil des Problems".

"Veränderung geschieht langsam, aber sie geschieht"

Trotz dieser rechtlichen Bedenken verteidigt der Münchener Priester das Grundanliegen sowohl des Synodalen Wegs in Deutschland als auch des von Papst Franziskus initiierten weltweiten synodalen Prozesses. Entgegen der scharfen Kritik des Bonner Kirchenrechtlers Norbert Lüdecke, der das deutsche Reformprojekt kürzlich als "Partizipationsattrappe" bezeichnete, erkennt Rothe klare Anzeichen der kirchlichen Weiterentwicklung: So wie das Christentum von Beginn an "faith in progress" (Glaube im Fortschritt) gewesen sei, würden Gespräche, Diskussionen und Debatten auch heute unweigerlich Veränderung bewirken. "Diese Veränderung geschieht langsam, für viele zugegebenermaßen zu langsam. Aber sie geschieht", so Rothe.

Wolfgang F. Rothe ist promovierter Kirchenrechtler und Pfarrvikar im Münchener Pfarrverband Perlach. In letzter Zeit erhielt der als "Whisky-Vikar" bekannte Geistliche verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit durch die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und seine Strafanzeige gegen den polnischen Priesters Dariusz Oko wegen eines gegenüber Homosexuellen diffamierenden Textes. Anfang September erschien Rothes Buch "Missbrauchte Kirche. Eine Abrechnung mit der katholischen Sexualmoral und ihren Verfechtern", in dem er unter anderem über eigene Missbrauchserfahrungen schreibt. (mfi)