Ein sakramentaler Diakonat der Frau? Was dafür und dagegen spricht
Jetzt also ist es endlich so weit: In diesen Tagen soll die neue päpstliche Kommission zusammentreffen, um über eine mögliche Zulassung von Frauen zum Diakonat zu beraten. Ein erstes Gremium wurde von Franziskus schon 2016 eingesetzt, doch die Ergebnisse waren ernüchternd. Letztlich hatte dies vor allem mit dem Auftrag zu tun, den die päpstliche Kommission erhielt: Sie sollte nur den historischen Befund darlegen und kam damit zu keinem einheitlichen Ergebnis. Man darf also gespannt sein, was die Beratungen der neuen Theologengruppe nun ergeben und welchen Auftrag der Papst ihnen erteilt hat.
Hoffnungen, die sich auf die Zulassung von Frauen zum Diakonat richten, gibt es viele. Gerade in letzter Zeit werden sie durch die Arbeit des Synodalen Weges genährt, der sich im Forum "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" eindeutig positioniert: "Die eigenständige Bedeutung des Diakonats (auch) der Frau als Amt 'sui generis'" ist eines der Themen, das in diesem Forum explizit behandelt wird. Es ist ein drängendes "Zeichen der Zeit". Und das Lehramt wird gut daran tun, sich diesen Erwartungen auszusetzen und mutig und entschieden neue Wege zu gehen. Wie aber stehen die Chancen im Blick auf die Einführung eines weiblichen Diakonats? Welchen Traditionsbefund gibt es und welche Fragen sind noch offen?
Neues Testament zeigt Frauen im aktiven Gemeindedienst
Mit dem neutestamentlichen Zeugnis kommt man im Blick auf den weiblichen Diakonat nicht weit. Zwar grüßt Paulus im Römerbrief "Schwester Phoebe, die auch Dienerin der Gemeinde von Kenchreä ist" (Röm 16,1) und 1 Tim 3,11 erwähnt Frauen, die im Zusammenhang mit Diakonen stehen. Letztendlich lässt sich aber aus diesen beiden Belegstellen nichts Sicheres schließen. Wir wissen schlicht und ergreifend nicht, welche Aufgabe Phoebe in der Gemeinde von Kenchreä wahrgenommen hat. Und es wäre auch zutiefst anachronistisch, unser heutiges Amtsverständnis in die biblischen Schriften einzutragen. Phoebe mag eine wichtige Funktion in der Gemeinde wahrgenommen haben. Aber sie war eines nicht: Eine Frau, welche die sakramentale Weihe zum Diakonat erhalten hat. Daher taugen die beiden Belegstellen auch nicht, um damit heute die Einführung des weiblichen Diakonats zu rechtfertigen.
Doch viel entscheidender scheint eine andere Tatsache zu sein, die in den neutestamentlichen Schriften immer wieder belegt ist: Dass Frauen in den Dienst einer Gemeinde aktiv eingebunden waren. Und darüberhinausgehend berichten schon die Evangelien durchweg von einem wertschätzenden und wohlwollenden Umgang Jesu mit Frauen. Von Anfang an standen Frauen in der Nachfolge Jesu und nach seiner Auferstehung haben sie als Zeuginnen des gekreuzigten und auferstandenen Herrn eine maßgebliche Rolle in der Entwicklung der frühen Kirche gespielt. Prominent steht hierfür Maria aus Magdala, die heute als "Apostelin der Apostel" verehrt wird, weil sie als erste das Evangelium von der Auferstehung Jesu von den Toten verkündet hat.
Häufig wird auf einen historischen Befund hingewiesen, nämlich dass es im ersten Jahrtausend nachweislich Frauen gegeben hat, die das Amt der Diakonin ausgeübt haben. Grundsätzlich ist schon an dieser Stelle vorauszuschicken: Es gibt viele Quellen, die sowohl die Existenz von weiblichen Diakonen in der Ost-, als auch in der Westkirche bezeugen. Doch sind die Einzelzeugnisse so diffus, dass sich aus ihnen kein stimmiges Bild eines weiblichen Diakonats ergeben würde. Sicher ist der weibliche Diakonat sowohl im Westen als auch im Osten ungefähr bis zur Jahrtausendwende bezeugt, wobei er in der Ostkirche viel stärker ausgeprägt war.
Trotzdem erschwert es die hohe Diversität der einzelnen Quellen, überhaupt grundsätzliche Aussagen über dieses Amt zu treffen. Es hat Gemeinden gegeben, in denen viele Diakoninnen ihren Dienst ausübten; ebenso gab es aber auch Gemeinden, in denen dieses Amt überhaupt nicht bezeugt ist. Es gibt Quellen, die nahelegen, dass Diakoninnen ordiniert wurden und es gibt Texte, die eher an eine Benediktion von Frauen zu diesem Amt denken lassen. Die Reihe lässt sich auch im Blick auf die Funktionen, welche die Diakoninnen in der Gemeinde ausübten, so fortführen.
Schrift und Tradition bieten keine Gründe gegen Frauendiakonat
Am Ende bleibt festzuhalten: Allein im Rückgriff auf die Traditionszeugnisse der Kirche kommt man nicht weiter. Die Existenz von weiblichen Diakonen, die beinahe ein Jahrtausend ihr Amt in der Kirche ausübten, ist unstrittig. Aber letztendlich lassen sich auf der rein historischen Ebene aus dem Quellenbefund sowohl Argumente pro als auch contra einer (Wieder-)Einführung eines sakramentalen weiblichen Diakonats ausmachen. Dieser Befund scheint höchst mager. Und doch zeigt er etwas sehr Entscheidendes: Es lassen sich keine Gründe finden, die für einen Ausschluss von Frauen von einem solchen Amt sprechen. Die biblischen Schriften und die Tradition der Kirche schätzen den Dienst von Frauen hoch und machen keine Argumente gegen eine Zulassung von Frauen zum Diakonat geltend.
Jedoch darf die Einführung eines weiblichen Diakonats nicht ein bloßer Ehrentitel sein, der zum Beispiel durch eine bischöfliche Beauftragung verliehen wird. Es geht vielmehr darum, das weibliche Geschlecht wirklich in den sakramentalen Ordo mit hineinzunehmen und Frauen dadurch den Zugang zum hierarchischen Dienstamt der Kirche zu eröffnen. Eine bloß neuerliche Erfindung eines weiteren Ehrentitels wäre jedenfalls nichts anderes als ein Desaster.
Lehramtliche Verbote beziehen sich auf Priesterweihe
Um diesen Zugang zu eröffnen, gibt es vor allem noch einige dogmatische Fragen zu klären. Lehramtlich wurde das Weiheverbot für Frauen mit "Inter insignores" (1976) erklärt und durch "Ordinatio sacerdotalis" (1994) bekräftigt. Doch dieses Verbot bezieht sich ausdrücklich auf die Priesterweihe und nicht auf die Diakonenweihe. Da es von lehramtlicher Seite diesbezüglich noch keine explizite Entscheidung zu geben scheint, ist auch das Gültigkeitskriterium des männlichen Geschlechts für den Empfang des Ordo, welches der CIC in can. 1024 formuliert, im Blick auf den Empfang der Diakonenweihe ius mere ecclesiasticum (rein kirchliches Recht) und damit jederzeit abänderbar.
Hält man lehramtlich am Verbot der Zulassung von Frauen zum Presbyterat fest, eröffnet aber die Möglichkeit eines weiblichen Diakonats, gilt es vorrangig eine Frage zu klären: Wie nämlich stehen die drei Weihestufen Diakon, Presbyter und Bischof zueinander? Es ist notwendig, dass sich ein Modell durchsetzt, welches einerseits die Einheit des Ordo bewahrt, aber andererseits auch die Eigenständigkeit der Dienstämter herausstellt. Dabei kann es nicht um ein rein hierarchisches Verständnis gehen, in dem Sinn, dass man vom Diakon bis zum Bischof aufsteigt.
Die derzeit geübte Praxis, Weihekandidaten für den Presbyterat zuerst die Diakonenweihe zu spenden, stützt nicht nur ein solches Stufenmodell. Es greift auch die Identität des Diakonats an. Denn wenn der Diakonat nur die Durchgangsstufe zum Presbyterat ist, dann stellt sich die Frage, was der eigentliche Wesenskern dieses Dienstamts ist. Mit anderen Worten: Es muss in dieser Diskussion auch um eine Profilschärfung gehen, die deutlich macht, dass der Diakonat ein eigenständiges Dienstamt mit einer klaren Identität ist. Dadurch darf aber nicht der Eindruck entstehen, es handle sich bei den drei Dienstämtern um drei unterschiedliche Sakramente. Alle drei Ämter sind vielmehr Ausdrucksformen des einen sakramentalen Ordo, der sich im dreigliedrigen Dienstamt entfaltet. Die drei Ämter besitzen dabei ein eigenständiges Profil, in der Teilhabe an der einen Sendung Christi sind sie aber zutiefst verbunden und aufeinander verwiesen.
So bleibt am Ende das Resümee, dass es keine dogmatischen Gründe gibt, die gegen eine Zulassung von Frauen zum diakonalen Dienstamt sprechen. Man wird bei der Einführung eines weiblichen Diakonats nicht auf altkirchliche Modelle zurückgreifen können, da die Quellenlage hierfür zu verworren ist. Man wird auch nicht einfach Frauen zum Diakonat zulassen können, ohne sich zuvor gründlich über eine Reformulierung des kirchlichen Amtsmodells Gedanken zu machen und dabei vor allem das Profil des sakramentalen Diakonats zu schärfen. Aber all das zeigt ja, dass es genug Arbeit gibt, mit der sich die päpstliche Kommission auseinandersetzen kann. Das Ziel jedenfalls ist klar vorgegeben. Jetzt muss man nur noch den Weg ebnen, um dieses auch zu erreichen.