Sonst hätten alle Recht, die dem Papst vorwerfen, er spreche nur schöne Wörter

Theologe Zulehner: Bischofssynode muss Mitspracherecht stärken

Veröffentlicht am 23.09.2021 um 11:54 Uhr – Lesedauer: 

Salzburg ‐ Es dürfe nicht geschehen, dass viele mitsprechen können, "aber dann die, die entscheiden, völlig ungebunden und frei wären zu entscheiden": Theologe Paul Zulehner hofft durch die kommende Weltsynode auf eine Demokratisierung des Kirchenrechts.

  • Teilen:

Der Wiener Theologe Paul Zulehner hofft durch die im Oktober beginnende Weltsynode der katholischen Bischöfe auf eine Demokratisierung des Kirchenrechts. Es dürfe nicht geschehen, dass viele mitsprechen können und Entscheidungen vorbereiten, "aber dann die, die entscheiden, völlig ungebunden und frei wären zu entscheiden, als hätte es den Meinungsbildungsprozess in der Breite des Kirchenvolks nicht gegeben", so der Theologe im Gespräch mit den österreichischen Kirchenzeitungen. Dann hätten alle Recht, die dem Papst vorwerfen, er spreche nur schöne Wörter.

Entscheidend ist laut Zulehner, dass es nicht nur um Teilthemen, sondern das gesamte Wesen der Kirche geht. Eine dem Evangelium entsprechende Reich-Gottes-Bewegung im Sinne Jesu werde weniger von Strukturen geprägt sein, sondern vielmehr eine Kirche, "die sich wieder besinnt, eine Bewegung zur Veränderung der Menschheit und zur Verbesserung der Lage der Menschheit zu sein", erklärte der Theologe.

Vielfalt, Dezentralität und "Ungleichzeitigkeit"

Zulehner verwies auf Klimakrise, ökonomische Ungerechtigkeiten und Migration als wichtige Themen. "Wenn sich die Kirche da jetzt nicht angemessen einmischen kann und glaubwürdig ist, dann verrät sie ihren Grundauftrag, den sie von Jesus hat, nämlich Salz der Erde und Licht der Welt zu sein."

Generell hat der Theologe für die Kirche in der Zukunft eine Vorstellung von mehr Vielfalt, Dezentralität und "Ungleichzeitigkeit". So werde sich die Kirche in Europa und Nordamerika wegen der dort fortgeschrittenen Modernität anders entwickeln und auf andere Fragestellungen eingehen als etwa in Lateinamerika oder Asien. "Denn der Uniformismus führt zur Stagnation und macht die Kirche in der heute diversen Welt handlungsunfähig", warnt Zulehner. Es sei "eine der großen Chancen für die katholische Weltkirche, dass sie die Vielfalt und die Einheit in einem Organisationsmodell realisieren kann".

Papst Franziskus hat für Oktober den Beginn einer zweijährigen Weltsynode ausgerufen. Möglichst viele Mitglieder der Kirche sollen so beteiligt werden. Nach einer gut halbjährigen Phase auf Ebene der Ortskirchen folgt 2022/2023 ein Prozess auf Kontinentalebene, der dann in eine Versammlung der Bischofssynode selbst im Oktober 2023 in Rom mündet. Die Zwischenergebnisse werden von Bischofskonferenzen und vom Synodensekretariat ausgewertet und als weitere Arbeitsgrundlagen zusammengefasst. Ab 2024 sollen die Ergebnisse der Synode weltweit vor Ort implementiert werden. (tmg/KNA)