Forenmitglied Stadler: Erhalten für unsere Macht-Texte viel Zuspruch
Dass aus dem Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" neben dem offiziellen Grundlagentext eine Alternative einer Forumsminderheit hervorgegangen ist, hat für viele Diskussionen gesorgt. Mitglied im Forum ist auch Schwester Maria Stadler. Im Interview spricht die Ordensfrau über das Miteinander der Forenmitglieder und die Erfahrungen, die sie als Ordensfrau zum Thema Macht einbringen kann.
Frage: Schwester Maria Stadler, beim Synodalen Weg hat Ihr Forum mit einem Grundlagentext und acht Handlungstexten am meisten Material veröffentlicht. Geht die Arbeit bei Ihnen schneller voran als in den anderen Foren?
Stadler: Das kann ich nicht beurteilen. Wir treffen uns auf jeden Fall sehr häufig. Von März bis August hatten wir online allein fünf Treffen im Gesamtforum und dazwischen immer wieder in den Arbeitsgruppen. In der Gruppe, in der ich war, war das über längere Zeit hinweg jeden zweiten Montag am Abend. Wir haben also wirklich intensiv gearbeitet.
Frage: Von vielen wurde befürchtet, dass der Synodale Weg durch die Corona-Pandemie ins Stocken gerät. Das lässt sich von Ihrem Forum vermutlich nicht sagen…
Stadler: Nein. Natürlich freue ich mich, wenn wir uns jetzt in Präsenz sehen, weil man vieles zwischendrin oder bei einem Kaffee ansprechen kann und zwischenmenschlich mehr Begegnung möglich ist. Aber die Arbeit hat das nicht gestört.
Frage: Was sind die Kernpunkte, an denen Ihr Forum gearbeitet hat?
Stadler: Es geht darum, wie Verantwortung und Macht in der Kirche auf viele Schultern verteilt werden kann und welche Art der Kontrolle notwendig und hilfreich ist. Der Grund für unsere Arbeit ist, dass sich die Katastrophe des Missbrauchs, die wir in der katholischen Kirche erlebt haben und erleben, unterbunden wird und sich nicht wiederholen kann. Die Frage ist daher, wie Gläubige noch mehr mitgestalten können und auch Verantwortung übernehmen können. Es ist aktuell so, dass die Verantwortung eigentlich immer nur bei sehr wenigen liegt. Es geht also um ein verantwortungsvolles, geschwisterliches Miteinander auf Augenhöhe.
Frage: Stichwort Miteinander: Aus Ihrem Forum gibt es nicht nur die "offiziellen" Texte. Vier Forenmitglieder haben auch das Dokument "Vollmacht und Verantwortung" als Alternativtext veröffentlicht. Herrscht bei den benannten Themen so große Uneinigkeit, dass da nicht alle mitgehen können?
Stadler: Das stellt sich jetzt heraus. Wir haben bis August intensiv gearbeitet und da war das so nicht sichtbar. Nachdem die Themen für diese erste Lesung beim Synodalpräsidium eingebracht werden mussten, ist dieser Text ja erst veröffentlicht worden. Wir Forumsmitglieder haben ihn Anfang September per E-Mail zugeschickt bekommen, aber es war bisher noch keine Möglichkeit, dass wir als Forum damit arbeiten oder mit den vier Verfassern diskutieren können. Es hat sich gezeigt, dass es große Unterschiede gibt, die beim Erstellen unserer Forentexte und beim Diskutieren so nicht rausgekommen sind.
Frage: Es war also nicht von vornherein klar, dass es Forenmitglieder gibt, die das nicht unterstützen, was sie als Forum veröffentlicht haben?
Stadler: Wir haben die Texte alle lange abgestimmt und bearbeitet und haben sie immer wieder hin- und hergeschickt und haben eingeladen, darüber zu diskutieren. Bei den Abstimmungen in unseren Foren wurden die Texte immer mit großer Mehrheit verabschiedet, deshalb bin ich davon ausgegangen, dass die mitgetragen werden. Aber es ist natürlich das Recht von jedem, seine Meinung zu äußern und das schadet uns auch nicht.
Frage: Die Kritik der vier Forenmitglieder war auch, dass das Diskussionsklima in der Arbeitsgruppe nicht zuträglich war. Wie haben Sie das wahrgenommen?
Stadler: Ich habe das anders empfunden – aber Empfindungen sind natürlich immer sehr unterschiedlich. Das finde ich aber auch nicht tragisch, aber es wäre schön, wenn man jetzt darüber persönlich miteinander reden könnte und nicht nur digital.
Frage: Was erwarten Sie denn jetzt bei der Lesung der Texte in der Synodalversammlung?
Stadler: Ich denke, es wird kontrovers. Die Synodalen haben im Vorfeld schon die Gelegenheit, die Texte zu kommentieren. Zu den Texten unseres Forums habe ich bisher vor allem großen Zuspruch gelesen. Es gibt sicherlich einige Punkte, an denen man nochmal nachbessern muss oder wo man einen anderen Akzent setzen kann. Aber insgesamt gibt es großen Zuspruch – bis auf diese Vierergruppe und andere wie Bischof Rudolf Voderholzer, die unsere Texte teilweise ganz ablehnen.
Frage: Was wird nach der ersten Lesung bei der kommenden Synodalversammlung mit Ihren Texten passieren?
Stadler: Bei der kommenden Versammlung werden Anmerkungen und Kommentare gesammelt und danach schauen wir im Forum, wie wir die Texte weiter überarbeiten können. Da haben wir schon zig Termine ausgemacht, um weiterzuarbeiten. Nach der zweiten Lesung wird dann über die Texte abgestimmt.
Frage: Befürchten Sie eine Spaltung im Forum oder in der Synodalversammlung, wo es jetzt schon zu Alternativtexten kommt?
Stadler: Nein, das glaube ich nicht. Meine Befürchtung ist eher, dass wir das Wesentliche aus dem Blick verlieren, nämlich die Menschen, um die es geht. Die Kirche ist nicht für sich selbst oder einzelne Gruppen da, sondern für die Menschen. Ganz wesentlich für den Synodalen Weg ist es, den Missbrauch aufzuarbeiten und alles zu tun, um ihn zu verhindern. Das dürfen wir bei allen theologischen Diskussionen nicht aus den Augen verlieren.
Gleiches Ziel, verschiedene Wege? Die beiden Texte zum Macht-Forum
Aus dem Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" sind zwei Grundlagentexte hervorgegangen: ein offizieller und eine Alternative der Forums-Minderheit. Beide sind sich einig, dass Reformen nötig sind – die aufgezeigten Ansätze unterscheiden sich deutlich voneinander. Eine Analyse.
Frage: Sie sind selbst die einzige Ordensfrau in Ihrem Forum. Welche Erfahrungen und welche Einblicke können Sie zum Thema Macht und Verantwortung einbringen?
Stadler: Wir haben in unseren Orden das Selbstverständnis, dass wir Wahlen haben und beispielsweise die Generalleitung alle sechs Jahre wählen. Ich erlebe das als Vorteil, wenn eine Mitschwester gewählt ist und sie die ganze Gemeinschaft hinter sich hat als Stütze für diese Aufgabe. Bei den Generalversammlungen alle sechs Jahre muss die Leitung außerdem einen Rechenschaftsbericht abgeben. Das war schon immer so. Warum sollte man auf Diözesanebene oder in Verbänden nicht übernehmen, was auch im weltlichen Bereich selbstverständlich ist. Wir machen im Orden auch die Erfahrung, dass eine Leiterin nicht alleine leitet und sie ein kleines Team auf ihrer Seite hat, bei dem ganz klar ist, wann es angehört werden und mitbestimmen muss.
Frage: Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie denn beispielsweise?
Stadler: In unserem Forum haben wir beispielsweise Handlungstexte über die Bestellung des Diözesanbischofs, über gemeinsames Beraten und Entscheiden, über eine veränderte Predigtordnung, eine Rahmenordnung für Diözesanfinanzen und Rechenschaftslegung der Bistumsleitung sowie zum Thema "Synodalität nachhaltig stärken" verfasst. Dem voraus steht unser Grundtext.
Frage: Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass die Dinge, die Sie in Ihren Texten vorschlagen, am Ende auch umgesetzt werden?
Stadler: Das halte ich für sehr wahrscheinlich. Davon gehe ich sogar aus. Die Texte müssen natürlich bearbeitet werden, sie werden aber so in der Gesamtversammlung diskutiert und bearbeitet, dass sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit finden werden. Da bin ich mir sicher. Es geht auch nicht um Dinge, bei denen das Kirchenrecht geändert werden müsste, oder die erst nach Rom gegeben werden müssen. Sicherlich werden auch noch Handlungsvorschläge kommen, die man erst mit Rom abstimmen muss, aber das ist bei uns momentan nicht der Fall, sondern es geht etwa bei Bischofsbestellungen, Reformen bei der Finanzverwaltung oder Rechenschaftspflichten der Bistumsleitung vor allem um eine Selbstverpflichtung des Bischofs. Warum sollte das nicht gehen?