Bätzing reagiert verhalten auf Papst-Entscheidung zu Woelki
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, hat verhalten auf die Entscheidung des Papstes zum Erzbistum Köln reagiert. "Ich nehme die Entscheidungen des Heiligen Vaters entgegen und hoffe, dass der Prozess einer Aussöhnung im Erzbistum Köln anlaufen wird. Ob dies innerhalb weniger Monate zu einer grundlegend veränderten Situation führen kann, vermag ich nicht zu beurteilen", erklärte der Limburger Bischof am Freitag in Bonn.
Rom sei sichtlich darum bemüht, "Bewegung in die schwere Krisensituation im Hinblick auf das Vertrauen in die Führung des bischöflichen Amtes zu bringen, die das Erzbistum Köln schwer belastet und weit darüber hinaus auf die Kirche in unserem Land ausstrahlt", so Bätzing weiter. Papst Franziskus hatte zuvor den Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki im Amt bestätigt, ihm jedoch eine Auszeit verordnet. Auch die Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff bleiben im Amt.
Die Entscheidung zu Kardinal Woelki erinnere ihn an das römische Vorgehen im Blick auf den einstigen Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Dessen Rücktritt hatte Papst Franziskus im März 2014 angenommen, zuvor hatte er ihm im Oktober 2013 eine längere Auszeit gewährt. Vorausgegangen war die Debatte um die enorm gestiegenen Baukosten für das Limburger Bischofshaus und die von vielen als autoritär empfundene Amtsführung von Tebartz-van Elst.
Sternberg kann Entscheidung nicht verstehen
Bätzing fügte hinzu, was in der Mitteilung des Vatikan zur Entschiedenheit des Aufarbeitungswillens von Kardinal Woelki gesagt werde, treffe einerseits zu. Andererseits lasse die päpstliche Note "angesichts der entstandenen Lage viele Betroffene ratlos und verletzt zurück". Sie treffe zudem andere Bistümer, die "bereits eine Aufarbeitung so begonnen haben, dass sie zu einem guten Teil zur Erneuerung und Versöhnung beitragen konnten". Der DBK-Vorsitzende zeigte sich überzeugt: "Die Entscheidungen aus Rom werden sehr kontrovers diskutiert werden. Vieles hängt jetzt davon ab, wie Kardinal Woelki die Auszeit gestalten wird." Es brauche – auch von ihm – Gesprächs- und Mediationsangebote, um Chancen und Perspektiven zu finden. "Daher ist es gut, wenn ihm Freiräume eröffnet werden, in dem die laufenden Geschäfte durch den Apostolischen Administrator geregelt werden."
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) kritisierte die Entscheidung des Papstes. Er könne sie nicht verstehen, erklärte ZdK-Präsident Thomas Sternberg. "Das Instrument einer Auszeit ist nicht genug. Es ist völlig unklar, was am Ende einer solchen Auszeit stehen kann und sie ist nicht geeignet, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen." Mit der römischen Entscheidung werde zudem ein "Erneuerungsprozess, der bitter nötig ist, verhindert". Es müsse mindestens sichergestellt werden, "dass in dieser Auszeit mit den Gläubigen des Erzbistums Köln, ihren Vertretungen und mit denen der Missbrauchsbetroffenen gesprochen" werde, forderte Sternberg. Wichtig sei nun, dass die Leitung des Erzbistums alles daran setze, die Gläubigen – und hier insbesondere den Diözesanrat – eng einzubinden, um herauszufinden, "wie ein konstruktives kirchliches Leben im Erzbistum wieder möglich wird".
Der Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln nahm die Entscheidung aus Rom nach eigenen Angaben "zur Kenntnis". "Die Entscheidung zeigt, dass der Weg der Aufarbeitung der richtige ist", teilte Peter Bringmann-Henselder, Sprecher des Betroffenenbeirats, mit. Wichtig bei allem sei, dass die Aufarbeitung weitergehe und bisherige Vorschläge des Betroffenenbeirats sowie der "8-Punkte-Plan" der Erzdiözese konsequent umgesetzt würden. "Wir werden auch weiterhin darauf drängen, dass Maßnahmen zügig umgesetzt werden, damit die Fehler der Vergangenheit nicht wieder passieren und sexualisierte Gewalt verhindert wird."
Das Verfahren des Vatikan löse keines der Probleme im Erzbistum Köln, sagte der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken, Tim Kurzbach, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). "Aufgeschoben ist nicht aufgehoben." Er schätze Weihbischof Rolf Steinhäuser, der das Erzbistum während Woelkis Auszeit verwalten wird und versöhnen soll. Die Frage, ob er mit Steinhäuser zusammenarbeiten werde, ließ Kurzbach jedoch offen. In einer Zeit von "gewaltigem Vertrauensverlust" brauche es mehr als eine Interimslösung.
Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) zeigte sich empört. "Dieses Hinhalten ist absolut inakzeptabel und schadet der Glaubwürdigkeit der Kirche mehr, als dass es ihr nützt", befand Vize Agnes Wuckelt. Sie sprach von einem Hohn für Missbrauchsbetroffene und Schaden für Ehrenamtliche. Kritisch sah auch der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Köln die Entscheidung aus dem Vatikan. Der Diözesanverband schätze die Entschuldigung Woelkis für seine Fehler. "Dennoch ist das Vertrauen in ihn nach wie vor gestört", heißt es in einer Pressemitteilung. "Für uns gibt es weiterhin keine Zukunft mit dieser Bistumsleitung. Insbesondere der Umgang mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt entsetzt uns", so der BDKJ-Diözesanvorsitzende Volker Andres.
Woelki und Schwaderlapp dankbar
Woelki selbst dankte in einer ersten Reaktion dem Papst für die ihm gewährte Auszeit. Damit habe Franziskus seiner Bitte entsprochen, sagte der Erzbischof am Freitag vor Journalisten in Köln. Dies gebe ihm Gelegenheit, die vergangenen Monate aufzuarbeiten und einen Weg in die Zukunft zu finden. "Natürlich habe ich Fehler gemacht bei der Aufarbeitung", sagte Woelki und verwies dabei auf Mängel in der Kommunikation. "Das tut mir leid." Dies gelte besonders mit Blick auf die Betroffenen, die dadurch retraumatisiert worden seien. Zudem seien viele Menschen in ihrem Inneren verletzt und in ihrem Glauben erschüttert worden.
Auch Schwaderlapp dankte Franziskus für die Ablehnung seines Rücktrittsgesuchs und kündigte eine Zeit der Erneuerung an. "Ich bin dem Heiligen Vater für sein Vertrauen und sein Urteil sehr dankbar", teilte Schwaderlapp mit. "Dankbar bin ich auch, dass für das Erzbistum Köln nun eine Zeit der Ungewissheit endet und Raum geschaffen wird für einen Weg zu einer vertieften Einheit und Versöhnung." Die vergangenen Monate seien für ihn "eine Zeit der (medialen) Stille, der Reflexion und des Gebets" gewesen, erklärte Schwaderlapp. Ihm sei klar geworden, dass es ein Weiter-wie-bisher nicht geben könne. Daher wolle er ab Mitte Oktober für ein knappes Jahr in Kenia tätig sein. Dort werde er als einfacher Priester wirken, auch wenn er weiterhin Bischof bleibe. "Ich trete diesen Dienst als Lernender an. Ich erhoffe mir von dieser Zeit innere Reifung und Erneuerung, Erweiterung des Horizontes und eine Vertiefung meiner priesterlichen und bischöflichen Berufung.
Puff kündigte an, einen Teil seines Gehalts an einen Fonds für Missbrauchsbetroffene zu spenden. "Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe und mache und bitte dafür um Vergebung", teilte der Weihbischof mit. "Bei manchen Menschen habe ich durch meine Pflichtverletzung Vertrauen zerstört; ich möchte in Zukunft so arbeiten und leben, dass Menschen mir wieder Vertrauen schenken können." Puff bot beispielsweise Gruppen, Pfarreien, Firmlingen und ihren Eltern persönliche Gespräche an. Ein Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit werde die Sorge für Abgehängte und Arme sein. Puff engagiert sich seit Jahren in der Obdachlosenseelsorge. (tmg/cbr/KNA/epd)
24.9., 14:05 Uhr: Ergänzt um Statements von Woelki, Schwaderlapp und Puff. 14:50 Uhr: Ergänzt um ZdK. 16:15 Uhr: Ergänzt um Diözesanrat und kfd. 18 Uhr: Ergänzt um BDKJ.