Macht und Gewaltenteilung beim Synodalen Weg: Auf dem Laienauge blind
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Wie lässt sich Macht einhegen und kontrollieren, wie lässt sich die Kirche synodaler machen trotz der hierarchisch-klerikalen Verfasstheit der Kirche? Bei der zweiten Synodalversammlung liegen dazu umfangreiche Vorschläge des Forums zu Macht und Gewaltenteilung vor. Unter anderem sollen synodale Räte eingerichtet werden – so revolutionär solche Räte wären: Manche Machtpfründe fasst der Vorschlag nicht an.
"Der synodale Rat der Diözese wird in freien, gleichen und geheimen Wahlen gewählt. Er bildet in seiner Zusammensetzung das Volk Gottes in der Diözese ab", heißt es in der Vorlage "Gemeinsam beraten und entscheiden". Damit Bürger des demokratischen Rechtsstaats ihre geschätzten und gelernten Partizipationsansprüche nicht an der Kirchentür abgeben müssen, wird nun also eine Nachbildung demokratischer Wahlgrundsätze vorgeschlagen – allerdings nach Plan eine defizitäre, die zwar den Status quo der vertretenen Laien gegenüber den Bischöfen verbessert, zugleich aber den Status quo der vertretenen gegenüber den nicht vertretenen Laien zementiert.
Die bürgerlichen Wahlgrundsätze aus Art. 38 GG gehen über "frei, gleich, geheim" hinaus: Es ist kein Zufall, dass in der Vorlage "allgemein" und "unmittelbar" fehlt. Die Zusammensetzung der jetzigen Gremien oberhalb des Pfarrgemeinderats wird von der jeweiligen unteren Ebene bestimmt – und das führt dazu, dass sich Mehrheiten und damit Repräsentationsdefizite immer mehr vergrößern; Minderheitsmeinungen, die es vielleicht noch in den Pfarrgemeinderäten gibt, werden durch das mehrfache Mehrheitswahlrecht marginalisiert, auf Ebene des Diözesanrats und des Zentralkomitees kommen so mit den ohnehin in ihrer kirchenpolitischen Position recht homogenen Delegierten der Verbände Vertreter an, die zwar ohne Zweifel (das zeigen Umfragen zu Meinungen im Kirchenvolk insgesamt) meist die Mehrheitsmeinung in der Kirche vertreten - aber es fehlen die Minderheitenmeinungen. Und wie die vom Macht-Forum weiterhin gewollte Zuwahl von weiteren Mitglieder in den bisher bestehenden Gremien zeigt, wird diese Möglichkeit auch nicht genutzt, um die Diversität der kirchlichen Richtungen zu erhöhen.
Das ist nicht gut für den synodalen Diskurs, der schließlich darauf bauen soll, dass – so der Textvorschlag – ein synodaler Rat das Volk Gottes abbilden soll. Das führt dazu, dass sich die nicht repräsentierten Minderheiten, so klein sie auch sind, als unterdrückt und marginalisiert präsentieren können, anstatt entsprechend ihres Anteils im Volk Gottes mitarbeiten zu können. Und schließlich führt das bisherige System zu einer Mandatehäufung (vom Pfarrgemeinderat bis zum ZdK-Mitglied), die zeitlich so aufwendig ist, dass sich ein solches Engagement nur wenige leisten können – was zu einer zusätzlichen Selektion führt.
Ein nicht nur frei, gleich und geheim, sondern auch unmittelbar und allgemein gewähltes synodales Gremium wird streitiger agieren. Konflikte müssen offen in der Synodenaula ausgetragen werden. Konsense müssen härter errungen werden, Kompromisse werden schmerzhafter sein. Erfahrungen damit gibt es in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (wo es konkurrierende Wahlvorschläge gibt) und im Bistum Rottenburg-Stuttgart (wo es eine Liste von Kandidierenden gibt); es geht also auch in der Kirche. Wo es Konsens gibt, werden Beschlüsse tragfähiger. Wo es Dissens gibt, werden Ergebnisse ehrlicher.
Wenn es die Mitglieder der Synodalversammlung selbstkritisch ernstnehmen wollen, dass auch bei ihnen Macht ist, die eingehegt werden kann, täten sie gut daran, auch an den eigenen Stühlen zu sägen, und das ganze Volk Gottes angemessen in synodalen Räten zu beteiligen – allgemein, unmittelbar, frei, gleich, geheim.
Der Autor
Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und Mitglied im Vorstand der Gesellschaft katholischer Publizisten (GKP).Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.