Weihbischof Jaschke: Im Frauendiakonat zu klaren Entscheidungen kommen
Der frühere Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke wird am 29. September 80 Jahre alt. Aus diesem Anlass sprach die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) mit ihm über die angespannte aktuelle Lage der Kirche und seine bedrückenden Erfahrungen in der Corona-Pandemie. Und er sagt, warum er inzwischen das Treffen des Schülerkreises des emeritierten Papstes Benedikt XVI. meidet.
Frage: Herr Weihbischof Jaschke, wie geht es Ihnen?
Jaschke: Relativ gut. Nach einem Krankenhausaufenthalt wegen einer Herzklappe und der Prostata geht es mir jetzt wieder deutlich besser. Die Ärzte sagen, mit der Behandlung könnte ich alt werden.
Frage: Wie geht es Ihnen, wenn Sie auf die aktuelle Lage der Kirche schauen?
Jaschke: Schlecht. Es ist schrecklich, was wir zurzeit erleben. Ich hätte mir es früher nicht träumen lassen, wie sehr die Kirche von dem Thema Missbrauch betroffen ist. Ich bin in Bückeburg groß geworden, wo die Katholiken in einer Minderheit sind. Dass es sexuelle Übergriffe von Geistlichen geben könnte, davon habe ich in diesem Umfeld damals nichts geahnt.
Frage: Was haben Sie denn in Ihrer Zeit als Weihbischof mitbekommen?
Jaschke: Wenig. Das war kein großes Thema. Als ich 1989 Weihbischof wurde, gehörte Hamburg noch zum Bistum Osnabrück. Und als Weihbischof war ich nicht für Personalentscheidungen verantwortlich und wurde da auch nicht einbezogen. In einem Fall habe ich mal mitbekommen, dass ein Priester - ein Kurskollege von mir - versetzt wurde, weil er was mit Jugendlichen in der Sauna hatte.
Frage: Und das war für Sie damals die richtige Reaktion?
Jaschke: Damals war uns nicht bewusst, das dies der völlig falsche Umgang mit Tätern ist. Über Sexualität wurde ja nicht geredet, das war ein großes Tabu. Heute sind wir sensibilisiert. Was passiert ist, ist peinlich und traurig. Besonders bitter ist es, wenn kleine Kinder Opfer geworden sind. Sogar von Ordensfrauen. Das tut ja weh sondergleichen.
Frage: Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße wollte wegen seiner Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen als Personalchef und Generalvikar in Köln auf sein Amt verzichten...
Jaschke: ...womit er ein gutes Zeichen gesetzt hat.
Frage: Und nun hat der Papst das Rücktrittsgesuch abgelehnt.
Jaschke: Ich bin froh, dass jetzt eine klare Entscheidung gefallen ist. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass das Erzbistum so ins Straucheln kommen kann und über Monate ohne einen Bischof an der Spitze ist. Ich hoffe, dass Erzbischof Heße nach den ganzen Querelen wieder Tritt fasst und auf Akzeptanz stößt. Sicher kein einfacher Weg.
Frage: Und wie kann es in Köln weitergehen?
Jaschke: Das weiß ich nicht. Aber die Vorgänge dort haben zu einem enormen Schaden in der Kirche geführt.
„Um weiterzukommen, müssen Bischöfe und Laien gemeinsamen einen Weg finden. Und es ist auch gut, wenn Laien - vor allem auch Frauen - mehr Mitsprache bekommen.“
Frage: Um den Missbrauchsskandal zu überwinden, haben Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken den Reformdialog Synodaler Weg gestartet. Was halten Sie davon?
Jaschke: Finde ich gut. Um weiterzukommen, müssen Bischöfe und Laien gemeinsamen einen Weg finden. Und es ist auch gut, wenn Laien - vor allem auch Frauen - mehr Mitsprache bekommen.
Frage: Sollte ihnen der Zugang zur Priesterweihe eröffnet werden?
Jaschke: Papst Johannes Paul II. hat mit seinem Nein hier eine deutliche Vorgabe gemacht. Dennoch: Nichts ist heilig in diesen Tagen. In dieser Frage muss aber die ganze Kirche mitgenommen werden; es darf keine Spaltungen geben. Als Hamburger Weihbischof habe ich ja 1992 die Einführung der ersten evangelischen Bischöfin - Maria Jepsen - erlebt. Das ist mir sehr zu Herzen gegangen und zeigt, dass Frau und geistliches Amt zusammengehen können. In der katholischen Kirche sollte man zunächst mal beim Diakonat der Frau zu klaren Entscheidungen kommen.
Frage: Es gibt immer weniger Priester. Kann die Abschaffung des Zölibats helfen?
Jaschke: Es ist schrecklich, dass Gemeinden ohne Priester sind. Und viele Laien, die diese Aufgabe übernehmen könnten, dürfen dies nicht, weil sie verheiratet sind. Aber die Aufhebung der Zölibatspflicht ist kein Allheilmittel. Es werden dann auch neue Probleme kommen, wie ein Blick in die evangelische Kirche zeigt, wo auch Ehen von Pfarrern scheitern.
Frage: In diesem Jahr sorgte das Nein des Vatikan zur Segnung von homosexuellen Paaren für große Empörung. Wie sehen Sie das?
Jaschke: Ich bin gegen eine Gleichstellung einer Homo-Ehe mit der Hetero-Ehe. Aber gegen Segensfeiern spricht gar nichts. Homosexuelle verdienen die Anerkennung der Kirche.
Frage: Sie haben bei Joseph Ratzinger promoviert. Nehmen Sie noch an den Treffen des Schülerkreises des emeritierten Papstes Benedikt XVI. teil?
Jaschke: Das letzte Mal war ich vor zwei Jahren dabei. Vom nächsten Treffen im Oktober bleibe ich fern. Das ist mir zu nervig. Der Schülerkreis hat seine Eigenheit verloren. Früher haben wir da sehr kontrovers diskutiert. Heute ist der Kreis ins Rechtskonservative abgedriftet. Vielleicht geht man mit Benedikt raffiniert um und verzweckt ihn.
Frage: Welchen Aufgaben in der Seelsorge gehen Sie in Ihrem Alter noch nach?
Jaschke: Gar nicht so viel. Ich übernehme die eine oder andere Beerdigung - oft von Bekannten - und bin sonst gar nicht so angefragt. Als Emeritus will ich jetzt auch nicht Bischof spielen und mich zurückhalten. Ich feiere gelegentlich Messen im Mariendom mit oder feiere sie allein für mich in meiner Wohnung.
Frage: Wie sind Sie denn durch die Corona-Zeit gekommen?
Jaschke: Den Lockdown habe ich als Last empfunden. Es ist traurig, wenn die Stadt so leer ist. Corona hat uns in vielerlei Hinsicht stumm gemacht. Es ist doch eine ganz neue Erfahrung, dass ein Virus die ganze Gesellschaft lähmt.
Frage: Haben Sie eine Vorstellung, was Gott mit der Pandemie den Menschen sagen will?
Jaschke: (zögert) Das werden wir wohl erst am Ende wissen.
Frage: Viele Menschen wollen sich nicht impfen lassen...
Jaschke: Das ist eine Torheit. In meiner Jugendzeit waren Kinderlähmung und Typhus ein Thema. Beide Krankheiten konnten mit Impfungen wirksam bekämpft werden. Ich bin jedenfalls geimpft.
Frage: Und wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Jaschke: Nur im kleinen Kreis. Ich erwarte meinen Bruder mit seiner Familie. Wir werden mit meinen ehemaligen und aktuellen Sekretärinnen einen Gottesdienst feiern und anschließend essen gehen.