Neuer Geistlicher Begleiter: "Konstruktives Ringen" beim Synodalen Weg
Bei der zweiten Synodalversammlung war er zum ersten Mal im Einsatz: Pfarrer Siegfried Kleymann, Nachfolger des verstorbenen Bernd Hagenkord als einer der Geistlichen Begleiter des Synodalen Wegs. Viel Zeit zur Vorbereitung hatte er nicht, die Aufgabe hat er dennoch ohne größeres Zögern übernommen. Er sagt: Trotz oder gerade wegen der kontroversen Diskussionen ist das gemeinsame Gebet wichtig – und möglich. Ein Interview.
Frage: Pfarrer Kleymann, Sie sind erst knapp eine Woche vor Beginn der Synodalversammlung als Geistlicher Begleiter des Synodalen Wegs angefragt worden. Hat Sie die Entscheidung eine schlaflose Nacht gekostet?
Kleymann: (lacht) Nein, eine schlaflose Nacht nicht gerade. Ich finde es wichtig, vor einer Entscheidung eine Nacht darüber zu schlafen und sie mit ins Gebet zu nehmen. Das habe ich getan. Am nächsten Morgen war für mich dann klar: Wenn mir dieses Vertrauen entgegengebracht wird, dann stimme ich dem gerne zu.
Frage: Sie treten die Nachfolge von Pater Bernd Hagenkord an, der im Juli überraschend verstorben ist. Wie fühlt es sich, in die Fußstapfen eines so starken Vermittlers zu treten?
Kleymann: Jede Person bringt das mit, was sie einbringen kann. Wir können Aufgaben, die sich uns stellen, immer nur mit dem angehen, was wir können. Das will ich versuchen. Von Pater Hagenkord habe ich eine wichtige Unterscheidung gelernt: Es ist entscheidend, ob wir konstruktiv oder destruktiv mit einem Prozess oder dem Leben insgesamt umgehen. Das steht über der Frage von rechts oder links, von konservativ oder progressiv. Diese konstruktive Grundhaltung versuche ich zusammen mit Maria Boxberg durch unsere geistliche Begleitung zu stärken.
Frage: Was ist Ihr Eindruck zu dieser zweiten Synodalversammlung? Hat sie überwiegend konstruktiv oder destruktiv auf das kirchliche Leben geblickt?
Kleymann: Ich habe ein konstruktives Ringen erlebt, mit großer Ernsthaftigkeit, mit der Bereitschaft, auf andere Stimmen zu hören, und dem Mut, die eigene Position einzubringen. Es freut mich, wie die umfangreiche Arbeit der Synodalforen in diesen kontroversen Diskussionen gewürdigt wurde. Eine offene Frage ist für mich, wie das, was in der Vollversammlung beraten wurde, außerhalb der Aula kommuniziert wird. Das wird sich zeigen.
Frage: Der Startimpuls für den Synodalen Weg ging von den Bischöfen als Reaktion auf die Fälle sexuellen Missbrauchs in der Kirche und den damit einhergehenden Vertrauensverlust aus. Trotzdem könnten am Ende alle Beratungen durch ein Drittelveto der Bischofsstimmen gekippt werden. Verstehen Sie Ihre Aufgabe auch als Mahnung vor einem Scheitern des Synodalen Wegs?
Kleymann: Zum einen empfinde ich geistliche Begleitung nicht als Mahnung, sondern als aufmerksames Zuhören und Ermutigen. Zum anderen erlebe ich beim Synodalen Weg, dass es eine selbstverständliche Zusammenarbeit von Menschen aus den verschiedensten "Heimathäfen" gibt, wie es eine Teilnehmerin formuliert hat. Dass Menschen hier offen aufeinander zugehen, finde ich sehr ermutigend – auch für den weiteren Verlauf und für ein Gelingen des Synodalen Wegs in den finalen Entscheidungen.
Frage: Die Synodalversammlung hat insgesamt ein ziemlich formelles Setting: der nüchterne Tagungssaal, das straffe Programm, die vielen Abstimmungen. Ist da überhaupt noch Platz für eine spirituelle Haltung?
Kleymann: Ja, sicher. Uns auf die Gegenwart Gottes auszurichten, ist überall möglich, unabhängig von jeglichem Setting. Wenn wir mit den Gebetszeiten und "EinHalten" Räume des Innehaltens schaffen, knüpfen wir an Tradition der Klöster an, Arbeit und Gebet miteinander zu verzahnen und den Alltag im Licht des Evangeliums zu leben. So kann das, was ganz nüchterne, mühsame Arbeit ist, als eine Form des Gotteslobes verstanden werden.
Frage: Tragen die Synodalen das so mit?
Kleymann: Aus den Rückmeldungen, die wir erhalten, spricht viel Dankbarkeit für diese geistlichen Unterbrechungen, mit denen wir Räume eröffnen, um durchzuatmen, Abstand zu gewinnen, sich auf das Evangelium auszurichten und dann neu ins Gespräch zu gehen. Wie gut, wenn wir mit den zum Teil kontroversen Diskussionen fähig und bereit sind, miteinander zu beten. Und wenn wir aus dem Gottesdienst und Gebet heraus lernen, freimütig und aufrichtig miteinander auf dem Weg zu sein.