Frau wendet sich an Seminaristen – selbst jahrelang von Priester missbraucht

Papst lässt Brief von Missbrauchs-Überlebender veröffentlichen

Veröffentlicht am 20.10.2021 um 10:04 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Sie selbst sei über "mehrere Jahre" von einem Geistlichen misshandelt worden – nun richtet die Frau ihre Worte an angehende Priester: Den Brief ließ Papst Franziskus höchstselbst im Internet veröffentlichen.

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Papst Franziskus hat den Brief einer Überlebenden von sexuellem Missbrauch öffentlich gemacht, in dem diese sich an angehende Priester wendet. In dem Schreiben, das auf der Website der Päpstlichen Kinderschutzkommission veröffentlicht wurde, berichtet die Frau von ihren Erfahrungen. Sie fordert unbedingte Aufklärung und appelliert gleichzeitig an Seminaristen, "gute Priester" zu werden.

Mit dem Schreiben wolle "Papst Franziskus die Stimme aller verwundeten Menschen aufnehmen" und allen Priestern "den Weg zu einem authentischen Dienst an Gott zum Wohle aller Schwachen weisen", heißt es in einem einleitenden Kommentar des Kommissionsvorsitzenden, US-Kardinal Sean O'Malley. Der Name der Frau sei aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht genannt, so O'Malley.

Über "mehrere Jahre" von Priester misshandelt

Sie selbst sei über "mehrere Jahre" von einem Priester misshandelt worden, den sie "Brüderchen" nennen sollte, so die Frau über ihre eigenen Erfahrung. Den Brief habe sie geschrieben, "auch im Namen der anderen Opfer", denen Priester "ihre Kindheit, Reinheit und Respekt gestohlen haben". Zwar lebten diese Menschen noch physisch. Aber "ihre Seelen sind in kleine blutige Stücke zerlegt".

Sie selber versuche, mit einer "komplexen posttraumatischen Störung" unter großen Schwierigkeiten weiterzuleben, schrieb die Frau. Die Kirche sei ihre Mutter gewesen; heute habe sie Schwierigkeiten, sich in der Nähe von Priestern aufzuhalten. Dabei vermisst die Betroffene nach eigener Aussage die Kirche, auch die Feier der Messe. Am Ende fordert sie die angehenden Priester zu "Demut und Liebe" im Sinne Jesu auf. Als berufene, junge und starke Männer, Mitarbeiter Jesu Christi, trügen sie eine große Verantwortung.

Die Päpstliche Kommission für den Schutz von Minderjährigen wurde 2014 von Papst Franziskus zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch und körperlicher Misshandlung eingerichtet. Sie ist berechtigt, Berichte über die Wirksamkeit von Kinderschutzmaßnahmen anzufordern und mit Zweidrittelmehrheit Vorschläge an den Papst zu richten. Unter anderen gehören der Kommission der deutsche Jesuit Hans Zollner und die Erfurter Kirchenrechtlerin Myriam Wijlens an. (tmg/KNA)