Missbrauchsopfer kritisieren geplanten Bußgottesdienst in Köln
Ein Bußgottesdienst, bei dem das Erzbistum Köln um Vergebung für sexuellen Missbrauch bitten will, sorgt für Streit. Die früheren Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum, Patrick Bauer und Karl Haucke, kritisierten, dass sie zwar zu der für den 18. November im Kölner Dom geplanten Feier eingeladen, aber nicht in die Vorbereitung eingebunden worden seien. "Wir wurden nicht gefragt", bemängelte Bauer im WDR.
Er frage sich, ob auch die dem Bistum bekannten Täter eine Einladung bekommen hätten, so Bauer weiter. "Wenn ja, wie wird man dies den Betroffenen vermitteln wollen, wenn sie dort auf ihre Täter treffen? Wenn nein, wieso nicht? Denn Sie sind es schließlich, die eine Buße zu leisten hätten."
Dass ausgerechnet Weihbischof Rolf Steinhäuser den Gottesdienst halten soll, findet Bauer laut WDR eine Farce. Er sei der Bischof im Erzbistum, der bisher keine Fehler im Umgang mit Missbrauch gemacht habe. Steinhäuser leitet das Erzbistum derzeit übergangsweise, weil Erzbischof Rainer Maria Woelki bis März eine Auszeit nimmt.
Erzbistum und Betroffenenbeirat nehmen Stellung
Die oberste Laienvertretung im Erzbistum, der Diözesanrat, hatte seit Längerem einen solchen Bußgottesdienst gefordert. Der amtierende Betroffenenbeirat hatte die geplante Feier begrüßt. Allerdings hatten fünf Betroffene das Gremium verlassen, nachdem Kardinal Woelki vor einem Jahr ein erstes Gutachten zu sexualisierter Gewalt nicht veröffentlicht hatte. Zu ihnen gehören Bauer und Haucke.
Das Erzbistum betonte auf WDR-Anfrage, dass eine Abstimmung mit dem aktuellen Betroffenenbeirat stattfinde. Aber auch die persönlichen Gespräche seien dem Bistum wichtig und fänden immer wieder statt. Nicht nur unter den Betroffenen, auch im Diözesanpastoralrat habe es die Bitte gegeben, dass ein liturgisches Zeichen gesetzt werde, so die Erzdiözese. "Es ist uns ein großes Anliegen, diesen Bitten nachzukommen. In dieser Form ist der Bußgottesdienst ein Angebot, bei dem es jeder und jedem freisteht, es für sich anzunehmen."
Auch der aktuelle Sprecher des Betroffenenbeirats, Peter Bringmann-Henselder, wies die Kritik zurück. Es hänge doch von jedem Einzelnen ab, ob er in die Kirche gehen wolle oder nicht, wird er in dem Bericht zitiert. "Aber wer immer fordert, die Kirche solle mehr tun, der muss auch zulassen, dass sie Dinge tut, wie eben einen Gottesdienst zu feiern." Die Betroffenen seien mit Beiträgen am Gottesdienst beteiligt.
Der Sprecher der bundesweiten Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, sagte dem Sender, viele Betroffene würden diese Veranstaltung als erneuten Übergriff einer mächtigen Institution empfinden: "Statt den Betroffenen Raum zu geben, sich vielleicht zu ihnen zu begeben, um zuzuhören und sich ihren Forderungen zu stellen, sollen diese eine binnenkirchliche Veranstaltung mit ihrer Präsenz unterstützen, um der Kirche dabei zu helfen, an Haltung und Strukturen zu arbeiten."
Neue Stabsstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt
Unterdessen informierte das Erzbistum Köln über seine neue Stabsstelle zur Prävention von sexualisierter Gewalt. Neue Präventionsbeauftragte und Leiterin der bereits am Montag eingerichteten Stelle ist Katja Birkner, wie das Erzbistum am Mittwoch in Köln erklärte.
Die Weiterentwicklung der Prävention ist laut Erzbistum Teil des Acht-Punkte-Plans, der als erste Konsequenz auf das im März 2021 veröffentlichte Gutachten der Kanzlei Gercke Wollschläger zur sexualisierten Gewalt im Erzbistum Köln erstellt wurde. Die 48-jährige Birkner werde die verbindlichen Qualitätsstandards für die Präventionsarbeit auf NRW-Ebene weiterentwickeln und die kirchlichen Rechtsträger sowie Dienste im Erzbistum bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen beraten und fachlich unterstützen, hieß es. So solle die Sensibilität für sexualisierte Gewalt erhöht und "eine Kultur des achtsamen Umgangs" gefördert werden.
Birkner arbeitete den Angaben zufolge bereits als Bildungsreferentin und als Referentin in der Jugendseelsorge des Erzbistums Köln. Für das Erzbistum sitze Birkner zudem im Vorstand der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW.
Im vergangenen April hatte das Erzbistum die Stabsstelle Intervention um eine auf vier Personalstellen aufgestockt, um die Untersuchung von möglichen Fällen sexuellen Missbrauchs schneller zu bearbeiten. Zudem wurden Veränderungen in der Priesterausbildung beschlossen, eine manipulationssichere Personalaktenführung eingeführt, die Kontrolle und Begleitung beschuldigter Kleriker intensiviert und mehr Mittel für Anerkennungszahlungen an die Betroffenen bereitgestellt. Weitere Vorhaben stehen noch aus. (tmg/KNA/epd)