Standpunkt

Kirchensteuer: Der Skandal der automatischen Exkommunikation

Veröffentlicht am 08.11.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der Kirchensteuer wird laut Albrecht von Croy pointierter. Doch der eigentliche Skandal werde dabei immer noch verdrängt, kommentiert er: Wer sie nicht bezahlen will, scheidet aus der Gemeinschaft der Kirche aus.

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Wer die Diskussionen in und um den Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland verfolgt, kann sich des Eindrucks einer gewissen Monothematisierung nicht erwehren. Diesen Kreislauf mit einem Interview in der gestrigen Ausgabe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung aufgebrochen zu haben, ist das Verdienst von Ulrich Hemel, Vorsitzender des Bundes katholischer Unternehmer. Er spricht in Sachen Kirchensteuer und -finanzen erfrischenden Klartext. "Die Gemeinden brauchen stärker als heute eigene Budgets und Entscheidungsrechte. Die Pfarreien bekämen (dadurch) ein sehr viel größeres Mitsprache- und Entscheidungsrecht über ihre Finanzen."

Hemel geht damit deutlich über den Text der Vorlage des Synodalforums I "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche" (dem Hemel angehört) zur "Rahmenordnung für die Diözesanfinanzen" hinaus. Nach seiner Einschätzung gehört nämlich auch die Kirchensteuer auf den Prüfstand. "Die Kirchensteuer, so, wie sie in Deutschland erhoben wird, ist weltweit ziemlich einzigartig." Sie könne durch ein "Steuerzuwendungsmodell" ersetzt werden, in dem zum Beispiel in Italien und Teilen Spaniens jeder einen Prozentsatz seines Einkommens einer bestimmten Einrichtung zukommen lassen kann, etwa der Kirche. "Alles, was freiwillig ist, ist zeitgemäßer."

Wohl wahr und eben dies wäre dann auch eine Lösung für einen seit Jahr und Tag weitgehend im Verborgenen gebliebenen Skandal: die automatische Exkommunikation derer, die die Kirchensteuer nicht bezahlen wollen. Hemel, der in zwei Wochen neuer ZdK-Präsident werden will, versagt sich im Interview diesem Thema. Dabei hätte er einen außerordentlich prominenten Fürsprecher: Schon 2016 kritisierte Papst Benedikt XVI. diese Tatsache. "Die automatische Exkommunikation derer, die sie nicht zahlen, ist meiner Meinung nach nicht haltbar", sagte er in einem Interview mit dem Publizisten Peter Seewald.

Wer Zeuge der Freiburger Rede war, als Benedikt 2011 von der "Entweltlichung" der Kirche sprach, erinnert sich, wie die Farbe aus den Gesichtern vieler Bischöfe und Kirchenfunktionäre wich. Es war eine unverhüllte Aufforderung nach Verzicht auf Macht, einer Forderung, die der Synodale Weg jetzt auch unablässig erhebt. Vielleicht beugen sich die Damen und Herren des Synodalforums I in diesem Sinne noch einmal über ihren Text.

Von Albrecht von Croy

Der Autor

Albrecht von Croy ist Mitherausgeber von "theo – das katholische Magazin" und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.