Hallermann: Kirchensteuer-Alternativen müssen verlässlich sein
Der emeritierte Würzburger Kirchenrechtler Heribert Hallermann hält die vom Theologen und Unternehmensberater Ulrich Hemel ins Spiel gebrachten Alternativen zur Kirchensteuer für nicht zielführend. Wenn die Kirche in Deutschland auf Spenden und freiwillige Beiträge angewiesen wäre, könne sie nicht verlässlich kalkulieren, da solche Zuwendungen kaum planbar seien, schreibt Hallermann in einer Stellungnahme, die katholisch.de vorliegt. Die Kirche könne so "kaum langfristige oder dauerhafte Arbeitsverträge abschließen – weil niemand sagen kann, ob die entsprechenden Verpflichtungen erfüllt werden können". Die Vorstellung, dass Christen ihre Kirche auch ohne Zahlungspflicht finanziell unterstützen würden, sei zwar ehrenhaft, aber keine belastbare Grundlage für einen Haushaltsplan.
Hemel, der für das Präsidentenamt des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) kandidiert, hatte am Wochenende in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" das in Deutschland praktizierte Modell der Kirchenfinanzierung hinterfragt. Auch die Vereinbarung über den staatlichen Steuereinzug, den sich der Staat teuer bezahlen lasse, müsse man auf den Prüfstand stellen, so Hemel. Die Finanzierung der Kirche würde ohne dieses Instrument zwar "eine Herausforderung". Er könne sich jedoch nicht vorstellen, "dass die Christinnen und Christen ihre Kirche im Stich lassen". Hemel verwies dabei auch auf das sogenannte Steuerzuwendungsmodell, das es in Italien und Teilen Spaniens gibt. Nach diesem kann jeder einen Prozentsatz seines Einkommens einer bestimmten Einrichtung zukommen lassen, etwa der Kirche. "Alles, was freiwillig ist, ist zeitgemäßer", betonte Hemel.
Verdeckte Kirchenfinanzierung
Laut Hallermann führt auch das Steuerzuwendungsmodell zu keiner besseren Lösung. Wer keine Widmung für eine bestimmte Institution oder Organisation vornehme, zahle den entsprechenden Steueranteil trotzdem und müsse damit leben, dass die Beträge anteilmäßig an die verschiedenen Institutionen aufgeteilt würden. "Freiwillig ist dieser Beitrag also nicht, und daher ist er auch nicht zeitgemäßer als die Kirchensteuer", schreibt Hallermann. Stattdessen handle es sich bei diesem System um eine verdeckte Finanzierung der Kirchen durch den Staat, an der auch Personen und Körperschaften beteiligt würden, die selbst nicht Kirchenglieder sind. "Mit dem im Grundgesetz verankerten Prinzip der Religionsfreiheit wäre dieses System kaum zu vereinbaren", betont der Kirchenrechtler.
Kaum jemand werde bestreiten, dass die Kirche für ihre vielfältigen Aufgaben Geld brauche. Daher ist es nach Hallermanns Worten gut, dass weiter über die Kirchenfinanzierung diskutiert werde. "Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass jemand ein besseres Modell findet." Dieses sollte allerdings mit der Verfassung und dem Kirchenrecht kompatibel, verlässlich und kalkulierbar sein, so Hallermann. Laut c. 222 §1 des Codex Iuris Caninici sind die Gläubigen verpflichtet, für die Erfordernisse der Kirche finanzielle Beiträge zu leisten. Genannt werden Gottesdienst, Apostolat, Caritas und Unterhalt der kirchlichen Bediensteten. (mal)