Wiener Theologe Tück kritisiert Reformprojekt Synodaler Weg
Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück kritisiert das katholische Reformprojekt Synodaler Weg in Deutschland. Die Verantwortlichen wollten hier demokratische Strukturen durchsetzen, die nicht mit der Verfasstheit der katholischen Kirche vereinbar seien, schreibt Tück in einem am Freitag veröffentlichten Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das angestrebte Konstrukt eines Synodalen Rats als Leitungsgremiums zum Beispiel, das paritätisch aus Bischöfen und Laien besetzt sein solle, komme "einem kühnen Umbau der Kirchenverfassung gleich".
Ein solches "ständiges Sekretariat" blähe zudem den kirchlichen Apparat weiter auf und "verschlinge beträchtliche Finanzmittel bei sinkenden Kirchensteuereinnahmen". Darüber hinaus stellten sich praktische Fragen, ergänzte der Theologe: "Nach welchen Kriterien wird Laien quasi bischöfliche Leitungsautorität übertragen? Wer trifft die Auswahl, wer in ein solches (...) Mischgremium berufen wird? Was ist die theologische Legitimität?"
Tück befürchtet durch die Schaffung eines Synodalen Rats, "der die Bischöfe zu Gefangenen synodaler Mehrheitsvoten machen könnte", eine Schwächung der kirchlichen Verfassung, in der Bischöfe eine entscheidende Rolle spielen. Ein Synodaler Rat schmälere die Bedeutung der Bischofskonferenz als vermittelnde Größe zwischen den Ortskirchen und der Weltkirche. Die deutschen Bischöfe könnten als Mitglieder des Bischofskollegiums der Gesamtkirche in Konfliktlagen geraten, wenn der Synodale Rat als eine Art Gegenlehramt auftrete, das gezielt von universalkirchlichen Vorgaben abweiche.
Untrennbarkeit von Weihe- und Hirtengewalt
Der Wiener Theologe sieht in den Plänen des Synodalen Wegs einen Umbau der Struktur der katholischen Kirche. Diese solle so den Standards der demokratischen Rechtskultur angeglichen werden: "Fraglich ist allerdings, ob sich das Prinzip der Gewaltenteilung, Maßstab im politischen Raum, eins zu eins auf die hierarchische Verfassung der katholischen Kirche übertragen lässt." Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) habe gerade die Untrennbarkeit von Weihe- und Hirtengewalt gelehrt. Vor diesem Hintergrund habe Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., zu ähnlichen Ideen bereits 1970 betont, "einer solchen Synode würde jede Legitimität fehlen, und ihr müsste daher der Gehorsam entschieden und eindeutig versagt werden".
Tück attestiert dem Synodalen Weg darüber hinaus eine "Halbierung des Reformbegriffs auf Macht- und Strukturfragen". Stattdessen hätte dem Thema Evangelisierung und "kreativen Maßnahmen gegen die andauernde Versteppung des Glaubens" mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden müssen. Die Einsetzung eines Synodalen Rates werde keine Lösung bringen. Dies zeige ein Blick auf die evangelische Kirche, die trotz entsprechender Reformen mit Erosionsprozessen konfrontiert sei.
Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchs-Skandal verschärft hat. In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche. (KNA)