Knop: "Ewige Wahrheiten" in der kirchlichen Lehre sind eine Fiktion
Die Erfurter Dogmatikerin Julia Knop hat die katholische Kirche davor gewarnt, kirchliche Lehren als "ewige Wahrheiten" zu verstehen. "Dann nämlich spielen kulturelle Entwicklungen und Erkenntnisfortschritte keine Rolle. Aber das ist ja eine Fiktion", sagte Knop am Sonntag in einem Interview des "Kölner Stadt-Anzeigers". Natürlich sei die Kirche immer auch Teil ihrer Zeit; genau deshalb könne sie sich weiterentwickeln. "Die Fähigkeit zur Selbstkorrektur ist eine Stärke, keine Schwäche. Die Kirche würde glaubwürdiger, wenn sie sich beherzt von prekären Festlegungen auf den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts verabschieden würde, etwa in ihrer Machtorganisation, in Fragen der Sexualität und der Rolle der Frauen", so die Theologin. Momentan sehe sie jedoch eine echte Gefahr darin, katholisches Profil durch Exkulturation zu suchen – "also dadurch, dass die Kirche sich aus der Gegenwart verabschiedet".
Konkret kritisierte Knop den Ausschluss von Frauen von den Weiheämtern der Kirche. Gegenüber den alle Jahre wieder vorgebrachten Argumenten der römischen Position lasse sich theologisch einiges ins Feld führen; die traditionelle Begründung für den Ausschluss von Frauen genüge dem aktuellen Stand der theologischen Forschung nicht mehr. "Daraus ergibt sich ein echtes Problem: Ein Papst kann als verbindliche Lehre nur etwas vorlegen, was 'Glaube der Kirche' ist. Das verlangt die Zustimmung der Gläubigen und setzt sie voraus. Die anhaltende Debatte zeigt aber, dass hier kein Konsens besteht", so die Theologin. Weder die Gläubigen noch die Theologie noch alle Bischöfe stimmten der lehramtlichen Position einmütig zu. Da helfe es nichts, alte Argumente nur zu wiederholen und Glaubensgehorsam einzufordern. "Das schwächt die Autorität des Lehramts nur weiter", so Knop.
"Es ist gerade nicht einfach, gerne katholisch zu sein"
Die Theologin, die auch Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Wegs ist, erklärte weiter, dass es gerade nicht einfach sei, gerne katholisch zu sein. Das sehe sie an ihren Studierenden, aber auch an sich selbst. Als Theologin sehe sie den "massiven Reformstau" in der Kirche: "Der Druck, der daraus entsteht, ist anstrengend, keine Frage." Wenn man etwa die strukturelle Ungerechtigkeit gegenüber Frauen in der Kirche einmal ehrlich wahrgenommen habe, könne man sich dies nicht mehr schönreden. "Aber Frauen können diese kirchlichen Blockaden nicht selbst lösen. Dazu bräuchte es den guten Willen und die strukturelle Power der Männer, speziell der Bischöfe. Das ist sehr frustrierend", so Knop.
Für ihre Theologiestudentinnen werde das zu einem existenziellen Problem. Nicht ihre Qualifikation, sondern ihr Geschlecht entschieden über ihre beruflichen Möglichkeiten in der Kirche. "Das geht im 21. Jahrhundert einfach nicht mehr", betonte die Theologin. In der "Frauenfrage" gehe es um Gerechtigkeit, und die sei nicht verhandelbar. "Deshalb geht das Thema jede katholische Frau an, auch wenn sie nicht Priesterin werden will. Katholische Männer natürlich auch", sagte Knop. (stz)