Angebliches EU-Weihnachtsverbot: Kardinal Parolin protestiert
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wirft der EU-Kommission vor, "alles zu vereinheitlichen und nicht einmal die berechtigten Unterschiede zu respektieren". Gegenüber "Vatican News" wandte sich der Kardinal am Dienstag gegen einen internen Leitfaden für inklusive Kommunikation der Europäischen Kommission, die von der EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, verantwortet und durch Medienberichte öffentlich wurde. Verschiedene Medien hatten über den Leitfaden berichtet, dass die EU-Kommission ihren Mitarbeitern die Verwendung von "Weihnachten" und Namen wie "Josef und Maria" verbieten würde. Die Berichterstattung hatte hatte vor allem in Italien zu einer lautstarken Debatte geführt.
Das Anliegen, Diskriminierungen zu beseitigen, bezeichnete Parolin als richtig. "Das ist ein Weg, dessen wir uns immer mehr bewusst werden und der natürlich in die Praxis umgesetzt werden muss." Der von der EU-Kommission eingeschlagene Weg sei aber nicht der richtige. "Denn am Ende besteht die Gefahr, dass sich das gegen die Person richtet und sie sozusagen annulliert", so der Kardinal. Die Tendenz gehe zu einer alles umfassenden Vereinheitlichung. Zugleich beklagte er ein "Verdrängen dessen, was Realität ist".
Leitfaden zurückgezogen
Die EU-Kommissarin hat den internen Leitfaden mittlerweile zurückgezogen. Auf Twitter schrieb Dalli am Dienstagnachmittag: "Der Zweck der Leitlinieninitiative war es, die Vielfalt der europäischen Kultur zu veranschaulichen und den integrativen Charakter der Kommission zu zeigen. Die veröffentlichte Fassung der Leitlinien dient jedoch nicht diesem Zweck", so die Kommissarin. Es sei kein ausgereiftes Dokument und entspreche nicht den Qualitätsstandards der Kommission. Dennoch soll an den Leitlinien weitergearbeitet werden. Gegenüber der italienischen Agentur ANSA wiesen Quellen in der EU-Kommission die Kritik zurück: "Wir verbieten oder raten nicht von der Verwendung des Wortes Weihnachten ab, das ist klar. Das Feiern von Weihnachten und die Verwendung von christlichen Namen und Symbolen sind Teil des reichen europäischen Erbes."
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Ziel des Leitfadens war es, durch eine bewusste Gestaltung von Kommunikation "sicherzustellen, dass alle in unseren Materialien geschätzt werden und vorkommen, unabhängig von Geschlecht, rassischer oder ethnischer Herkunft, Religion oder Glauben, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung", so Dalli im Vorwort zu der in englischer Sprache verfassten Broschüre.
Die Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Union (COMECE) begrüßte am späten Nachmittag die Rücknahme der Leitlinien. Obwohl die COMECE das Recht der Europäischen Kommission respektiere, ihre schriftliche und mündliche Kommunikation zu gestalten, und die Bedeutung von Gleichheit und Nichtdiskriminierung anerkennt, könne sie sich des Eindrucks nicht erwehren, dass einige Passagen des Entwurfsdokuments von einer "antireligiösen Voreingenommenheit" geprägt seien.
"Maria und Josef" nicht im Leitfaden – und auch nicht verboten
Im Abschnitt über "Kulturen, Lebensstile und Glauben" fordert der Leitfaden auf, "die Vielfalt der Kulturen, Lebensstile, Religionen und sozioökonomischen Hintergründe" bei der Zusammenstellung von Mitwirkenden bei Veranstaltungen zu berücksichtigen. In der Sprache solle die Annahme vermieden werden, "dass alle Christen sind": "Nicht alle feiern die christlichen Feiertage, und nicht alle Christen feiern sie am selben Datum. Seien Sie sensibel für die Tatsache, dass Menschen unterschiedliche religiöse Traditionen und Kalender haben", so die Broschüre. Daher solle man vermeiden, nur auf Weihnachten zu verweisen. Statt "Weihnachten" könne auch "Feiertage" verwendet werden oder auf Formulierungen wie "für die, die Weihnachten oder Chanukka feiern" zurückgegriffen werden.
Bei beispielhaft verwendeten Namen solle darauf geachtet werden, "dass nicht nur Namen ausgewählt werden, die üblicherweise aus einer Religion stammen". Als Beispiel wird "Malika und Julio" als Namenspaar im Gegensatz zu "Maria und John" – und nicht wie in Medienberichten angeblich "Josef" – angeführt. Weiterhin wird empfohlen, nicht aufgrund von anderen Merkmalen auf den Glauben zu schließen, etwa indem "aus dem Nahen Osten" oder "arabisch" als Synonym für "muslimisch" verwendet wird. Stattdessen soll ohne Klischees deutlich gemacht werden, ob es um eine Religion, eine Nationalität oder eine Ethnie geht. In Formularen sollen anstatt "Christian name" (etwa: "Taufname") Bezeichnungen wie "Vorname" verwendet werden. (fxn)
30. 11. 2021, 18.30 Uhr: Ergänzt um Stellungnahme der COMECE.