Standpunkt

Worin wir in der Corona-Krise Trost finden

Veröffentlicht am 01.12.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Die Corona-Pandemie, die mit voller Wucht zurückkehrt, macht den Menschen die Endlichkeit bewusst, erinnert Peter Otten. Trost findet er passend zum Öffnen des ersten Adventskalendertors in der Weihnachtsgeschichte – mit einem Appell an die Kirche.

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Mit voller Wucht ist die Corona-Pandemie zurückgekehrt. Und bringt viel von dem erneut mit sich, was wir schon hinter uns glaubten. Einschränkung des öffentlichen Lebens, banges Studieren von Inzidenzen, R-Werten, 2G und 3G-Regelungen, mit oder ohne plus. Überfüllte Intensivstationen, Ärzte und Pfleger am Limit, Wut auf untätige und vermeintlich verantwortungslose Politikerinnen und Politiker. Diese innere und äußere Verunsicherung hat ja das Evangelium vom letzten Sonntag ganz treffend ins Bild gesetzt: Da donnert das Meer – und die Völker sind bestürzt und ratlos.

Die Corona-Pandemie hat ein Gefühl im Menschen nach oben gespült, das üblicherweise tief drinnen schlummert. Es ist die Kränkung, die die eigene Endlichkeit verursacht. Die Bestürzung, weil sich eine Erkenntnis wie ein dumpfer Kopfschmerz meldet: Das Leben ist riskant.

In diese innere und äußere Verunsicherung hinein öffnet sich heute das erste Törchen im Adventskalender. 24 Blicke wie durch ein Schlüsselloch. Dahinter verbirgt sich die Weihnachtsgeschichte. Der Evangelist Lukas fasst sie lakonisch so zusammen: "Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen." Das Paradoxe: Der Menschensohn ist ein Baby. Und die Wolke aus Macht und Herrlichkeit eine klapprige Futterkiste.

In dieser Geschichte liegt etwas vermeintlich Altmodisches verborgen: ein Trost nämlich, den ein populäres Adventslied gar den "Trost der ganzen Welt" nennt. Trost ist ja der Punkt, an dem verloren gegangenes Vertrauen ins Leben wieder wachsen kann.

Die Weihnachtsgeschichte ist die Geschichte von Gott, der sich im Krippenkind so sehr auf die Seite der Schöpfung schlägt, dass er dem Risiko und der Endlichkeit des Lebens, der Angst, der Bestürzung und dem Gefühl, dass alles vergeblich sein könnte, nicht ausweicht. Ihr Trost lässt die Kränkung, die die Endlichkeit verursacht, nicht verschwinden. Die Geschichte beseitigt auch nicht die Angst vor dem Risiko und der Vergeblichkeit, die die Pandemie seit bald zwei Jahren schürt. Aber sie überlässt mich in meiner Ratlosigkeit und Bestürzung nicht achselzuckend mir selbst.

Das ist nicht wenig. Und was wäre das für eine Kirche, die diese Geschichte konsequent in die oft trostlose Gegenwart übersetzte! Um Bedeutung müsste sie jedenfalls nicht länger verzweifelt ringen.

Von Peter Otten

Der Autor

Peter Otten ist Pastoralreferent in der Pfarrgemeinde St. Agnes in Köln. Seit einigen Jahren bloggt er unter www.theosalon.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.