Papst Franziskus: Rücktritt von Erzbischof Aupetit war Ungerechtigkeit
Papst Franziskus hat seine Reise nach Zypern und Griechenland beendet und ist am Montag wieder in Rom gelandet. Bei einer Pressekonferenz auf dem Rückflug von Athen äußerte sich das Kirchenoberhaupt zu unterschiedlichen Themen. Den Amtsverzicht des Pariser Erzbischofs Michel Aupetit (70) nahm der Papst demnach an, weil dessen Ruf nach den Vorwürfen so beschädigt gewesen sei, dass er seine Diözese nicht mehr habe regieren können, sagte Franziskus vor Journalisten. Aupetits Rücktritt, den der Papst am Donnerstag annahm, sei dennoch eine Ungerechtigkeit.
Der Erzbischof habe Fehler gemacht, indem er vor Jahren seine Sekretärin "leicht gestreichelt und massiert" habe, so der Papst. Das sei ein Verstoß gegen das sechste Gebot gewesen, aber kein schwerer und daher nicht allein ausschlaggebend. "Ich habe den Rücktritt von Aupetit angenommen nicht auf dem Altar der Wahrheit, sondern auf dem Altar der Heuchelei", so Franziskus.
Medien und Gesellschaft warf der Papst in dem Zusammenhang Heuchelei vor. Die Frage einer französischen Journalistin nach den Gründen für Aupetits Rücktritt beantwortete Franziskus mit einer Gegenfrage: Was die Medien denn dazu meinten? Im Übrigen sollten die Medien genauer recherchieren und nicht bloß auf Grund von Gerüchten urteilen. Grund für das Angebot des Amtsverzichts von Aupetit an den Papst waren Querelen innerhalb der Erzdiözese sowie Gerüchte über ein Verhältnis mit einer Frau im Jahr 2012. Aupetit wies dies zurück, räumte aber ein womöglich "mehrdeutiges Verhalten" ein. Medien warfen Aupetit auch eine rigide Amtsführung vor. Zum Interimsverwalter ("Apostolischer Administrator") ernannte Franziskus den emeritierten Erzbischof von Marseille, Georges Pontier (78).
Papst kritisiert "laizistische Moden" in der EU
Weiter hält der Papst Bestrebungen, religiöse Feste in offiziellen EU-Dokumenten neutral zu bezeichnen, für eine "Mode des Laizismus". Bloß "Frohes Fest" zu wünschen statt "Frohe Weihnachten", sei "ein Anachronismus", so das Kirchenoberhaupt. So etwas habe in der Geschichte noch nie funktioniert. Er bezog sich dabei auf Diskussionen um ein kürzlich bekanntgewordenes internes Dokument der EU-Kommission. Dieses enthielt Formulierungshinweise zum bevorstehenden Weihnachtsfest, mit der Absicht, mündliche und schriftliche Sprache diskriminierungsfrei zu halten. Nach Kritik war das Dokument zunächst zurückgezogen worden.
Schon frühere Herrscher und Diktaturen hätten versucht, Sprachregelungen einzuführen, die gewachsene religiöse Traditionen verleugneten, antwortete Franziskus auf eine Journalistenfrage. Die EU sei wichtig, um die hohen Ideale ihrer Gründer hochzuhalten. Sie dürfe dabei nicht auf ideologische Abwege geraten. Stattdessen solle die EU Identität und Traditionen jedes Landes respektieren, sonst drohe sie zu scheitern. Er selbst glaube nicht, dass die EU alles vereinheitlichen wolle, so der Papst weiter. Jedes Land solle seine Eigenheit wahren, aber dabei offen bleiben für die anderen. "Europäische Union eben", so Franziskus.
Erneut forderte der Papst die EU-Staaten auf, möglichst vielen Flüchtlingen und Migranten eine sichere Einreise zu gewähren. Dazu müssten die Verantwortlichen endlich gemeinsame Lösungen finden, sagte Franziskus. Jenen, die erneut Mauern und Stacheldrahtzäune errichteten, würde er sagen: "Stell dir vor, du wärst Migrant, und sie ließen dich nicht herein." Wer Mauern baue, habe das Verständnis für seine eigene Geschichte verloren; für die Zeit, als er Sklave eines anderen Landes war, kritisierte das Kirchenoberhaupt.
Natürlich müsse jede Regierung für ihr Land sorgen. Dennoch solle jede Regierung auch sagen: Wir können viele aufnehmen. Dann müssten die Migranten aufgenommen, begleitet, gefördert und integriert werden. Vor allem Integration sei wichtig, mahnte Franziskus und erinnerte an die Terroranschläge am Brüsseler Flughafen Zaventem 2016. Die Attentäter seien zwar Belgier gewesen, aber ghettoisiert und nicht integriert.
Papst erwartet baldiges Treffen mit russischem Patriarchen
Zudem ist ein Treffen zwischen dem Papst und dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. nach Aussage von Franziskus in absehbarer Zeit möglich. In der kommenden Woche erwarte er den Außenbeauftragten des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, sagte der Pontifex. Dabei gehe es auch darum, ein solches Treffen zu vereinbaren. Der Papst hatte den Patriarchen von Moskau und ganz Russlands erstmals 2016 auf Kuba getroffen. Ein Treffen zwischen beiden gilt vor allem aus politischen Gründen als schwierig. Er selbst, so Franziskus weiter, sei stets bereit, Kyrill privat zu treffen. "Wir sagen uns die Dinge direkt ins Gesicht – aber als Brüder", so der Papst.
Er treffe seine orthodoxen Brüder gerne – ob Kyrill, Chrysostomos, Hieronymos oder andere. "Das ist schön, auch wenn Brüder miteinander streiten. Denn sie gehören alle zur selben Mutter, der Kirche", so Franziskus. Alle Patriarchen, die er bislang getroffen habe, seien an der Einheit der Kirche interessiert. Bei seiner Reise nach Zypern und Griechenland hatte der Papst sowohl das Oberhaupt der Kirche von Zypern getroffen, Erzbischof Chrysostomos II., als auch das Oberhaupt der Kirche von Griechenland, Erzbischof Hieronymos II. Dabei bat Franziskus unter anderem um Entschuldigung für Vergehen von Katholiken gegen Orthodoxe. Über Fehler von Angehörigen anderer Kirchen müssten diese nach Einschätzung des Papstes selbst sprechen. (tmg/KNA)