Woelkis Ausgaben für Missbrauchsaufarbeitung auf dem Prüfstand
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki befindet sich in einer Auszeit, doch der Konflikt um ihn und seine Missbrauchsaufarbeitung macht keine Pause. Die am Wochenende veröffentlichten Kosten für die vom Erzbischof und seinem Generalvikar Markus Hofmann engagierten Gutachter, Medienanwälte und Kommunikationsberater bewegen die Gemüter. Immerhin geht es um eine Summe von fast 2,8 Millionen Euro. Nun stehen Vorwürfe im Raum, die beiden leitenden Geistlichen hätten bei der Auftragsvergabe das Kirchenrecht missachtet und den Vermögensrat und das Domkapitel übergangen.
Eine brenzlige Situation und eine Herausforderung für Weihbischof Rolf Steinhäuser, der als Apostolischer Administrator die Erzdiözese übergangsweise leitet. Er hat nur engen Spielraum und musste auf Anweisung aus Rom Hofmann als Verwaltungschef weiter engagieren – allerdings mit dem Titel Delegat. Aber trotz begrenzter Machtfülle zog Steinhäuser jetzt ein scharfes Schwert: Er beauftragte zwei unabhängige Kirchenrechtler, das Ausgabeverhalten von Woelki und Hofmann daraufhin zu überprüfen, ob sie regelkonform gehandelt haben. Darüber informierte er den Vatikan. Nach der Untersuchung des Erzbistums durch zwei vom Papst bestellte Visitatoren im zurückliegenden Sommer wird Woelkis Amtsführung damit erneut unter die römische Lupe genommen. Für das leidgeprüfte Erzbistum eine weitere Belastungsprobe.
Kommt es zu einer weiteren Entscheidung über Woelkis Zukunft?
Hofmann bot an, sich für die Zeit dieser Überprüfung beurlauben zu lassen. Das lehnte aber der Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, ab. Hier will man offenbar Woelkis Vertrauten und damit auch den Erzbischof vor einer Vorverurteilung schützen und sich die Sache erst einmal genau ansehen. Ouellet wies Steinhäuser an, den Vorgang in Rom umfassend darzulegen.
Anschließend wird die Bischofskongregation das Ergebnis der Prüfung sichten und entscheiden, ob der Kardinal bei der Auftragsvergabe richtig gehandelt hat oder nicht. Offen ist, ob es dann zu einer weiteren Entscheidung über Woelkis Zukunft kommt und wie diese aussieht. Erst vergangenen September hatte der Vatikan bekanntgegeben, dass der Papst den Erzbischof trotz "großer Fehler" in der Kommunikation im Amt belässt und dass dieser eine mehrmonatige Auszeit nimmt.
Dass sich die erneute Aufregung um Woelki und seinen Verwaltungschef nun ausgerechnet am Geld entzündet, erinnert entfernt an den Finanzskandal in Limburg. Für gar "unverkennbar" hält der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller die Parallelen. Bei den Querelen um den Dienst- und Wohnsitz des früheren Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst ging es indes um eine wesentlich höhere Summe – um 31 Millionen Euro. Die anhaltende Erosion des Vertrauens ist jedoch tatsächlich eine unübersehbare Parallele.
Das scheint auch Übergangsleiter Steinhäuser so zu sehen. "Reden und zuhören" lautet das Mantra seit Beginn seiner Amtszeit. Daneben fällt er mit starken Aussagen auf. Während eines Bußgottesdienstes zum Missbrauchsskandal im Kölner Dom bezeichnete er sich selbst als momentanen "Chef der Täterorganisation Erzbistum Köln". In Interviews deutete er an, dass Woelkis Zukunft im Erzbistum keineswegs gesichert sei.
Kritik an hohen Kosten für Kommunikationsberater
Für Kritik sorgen vor allem die hohen Kosten für Kommunikationsberater, die Woelki rund um die Missbrauchsaufarbeitung in Anspruch genommen hatte. Mit fast 820.000 Euro handelt es sich um den größten Einzelposten auf der Rechnung. Hinzu kommen 757.500 Euro für ein erstes Rechtsgutachten, 600.000 Euro für eine äußerungsrechtliche Untersuchung dieser Expertise, 516.200 Euro für ein zweites Missbrauchsgutachten und schließlich fast 90.000 Euro für eine Pressekonferenz, auf der die Ergebnisse vorgestellt wurden.
Bezahlt wird alles aus einem Sondervermögen, für das Geistliche über Jahrzehnte Abgaben leisteten. Aus eben jenem Fonds bestreitet das Erzbistum auch Zahlungen an Missbrauchsbetroffene in Anerkennung des erlittenen Leids – insgesamt 1,5 Millionen Euro seit 2010. Mit Blick auf die Gutachter- und Beraterverträge sind nun Zweifel geweckt, ob das Geld auch wirklich zweckgebunden ausgegeben wurde. Bei dem Versuch, diese Frage zu beantworten, bleibt vermutlich viel Interpretationsspielraum. Domkapitel und Vermögensrat hätten dazu sicher gerne auch ihre Position eingebracht.