Kardinal Brandmüller: Innerkirchlichen Streit um Liturgie beilegen
Der deutsche Kardinal Walter Brandmüller hat angesichts des Streits um die Liturgie in der katholischen Kirche zu Respekt und Toleranz zwischen "Traditionalisten" und "Modernen" aufgerufen. "Jede Polemik – von seriösem Gespräch über dieses Thema ist nicht die Rede – ist ein grotesker Widerspruch zum Willen des Herrn, der bei der Einsetzung der Eucharistie von der Einheit der Seinen mit Ihm und untereinander so eindringlich gesprochen hat", schreibt Brandmüller in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung "Die Tagespost" (Donnerstag). Es sei an der Zeit, in einem "historischen Augenblick, da Unglaube, Gotteshass, platter Materialismus beinahe allüberall auf die Kirche einstürmen, anstatt um die Liturgie zu streiten die ewigen Wahrheiten des Glaubens, das Evangelium, mit vereinten Kräften zu verkünden und gut zu leben", so der ehemalige Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften.
Der innerkirchliche Zwist um die Liturgie schwäche die Kirche vor diesen Angriffen von außen. "Der 'Feind' – eine zunehmend militant-atheistische Gesellschaft – berennt die Mauern, und Zwietracht in der Stadt öffnet ihm zudem die Tore!", schreibt Brandmüller mit Bezug auf ein Kirchenlied. Es verwundere nicht, dass es seit geraumer Zeit zu einer Frontenbildung innerhalb der Kirche gekommen sei, so der Kardinal. "Mit der Liturgie steht der Glaube selbst auf dem Spiel."
"Messe aller Zeiten" habe es nie gegeben
Brandmüller erinnerte daran, dass sich im Verlauf der Jahrhunderte in den verschiedenen geographischen und kulturellen Räumen jeweils eigene Riten ausgebildet hätten, die in ihrer liturgischen Gestalt verschieden, im Kern jedoch identisch seien. "Das Missale Romanum ist nicht vom Himmel gefallen, wie der Koran", schreibt der Kardinal. Es verbiete sich daher, "im Namen einer 'Messe aller Zeiten' – die es nie gegeben hat – jede liturgische Weiterentwicklung zu verteufeln." Gleichzeitig seien Gestalt und Wort der Liturgie Ergebnisse "vitaler Prozesse im Organismus der Kirche", so Brandmüller. Entscheidend sei zudem nicht die Form, wie die Liturgie gefeiert werde, sondern mit welcher "Gewissenhaftigkeit, Sorgfalt, Andacht und Würde". Der Kardinal erinnerte die "Streithähne" auch daran, "dass sie alle Söhne und Töchter der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche sind". (cbr)