"Macht hoch die Tür": Für mehr Impfaktionen in Kirchen
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"Macht hoch die Tür, die Tor macht weit": Mit Blick auf den Wiener Stephansdom könnte man fast meinen, dieses Adventslied sei für die Corona-Pandemie geschrieben worden. Denn die Kathedrale öffnet ihre Portale seit August regelmäßig, um Impfwillige zu empfangen. In einer Seitenkapelle des Doms wurden bis Ende November bereits fast 18.000 Impfungen durchgeführt. Eine beachtliche Zahl, doch mit Blick auf die Pandemie nicht genug. Deshalb sollte sich die Kirche einen Ruck geben und die Türen vieler weiterer Gotteshäuser für Impfangebote öffnen.
Der Wiener Dompfarrer Toni Faber hat davon berichtet, dass der Stephansdom als besonderer Ort für viele Menschen eine zusätzliche Motivation war, sich impfen zu lassen. Eine ähnliche Erfahrung hat der Paderborner Dompropst Joachim Göbel gemacht: Die Kathedrale in Paderborn habe sich als "Ort für Heilung und Heil" bewährt – denn auch in diesem Gotteshaus werden Impfungen gegen Covid-19 angeboten. Warum sollte es nicht auch in anderen Kirchen ähnlich positive Reaktionen geben, die die Impfquote erhöhen?! Würden viel mehr Gotteshäuser für Impfungen offenstehen, wäre das ein wichtiges Zeichen in die Gesellschaft hinein – und für viele Menschen vielleicht auch ein Grund, wieder einmal eine Kirche zu betreten.
Doch kämen Impfungen in einer Kirche nicht einer "Profanierung des Sakralen" gleich, wie der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück warnte? Diese Frage ist sicher berechtigt, denn Gotteshäuser haben neben ihrer praktischen Funktion als Stätten für Versammlung und Gebet auch die Aufgabe, die menschliche Seele für das Transzendente offen zu halten. Doch würden wir die von Tück angestoßene Frage auch bei anderen Aktivitäten in Kirchen stellen? Kunstausstellungen, Konzerte, Armenspeisungen – diese und viele weitere Veranstaltungen sind in Kirchenräumen zu Recht möglich, denn sie verweisen auf Dimensionen des christlichen Glaubens, die über Liturgie und Spiritualität hinausgehen.
Die Corona-Impfung dient einem äußerst wichtigen Ziel: dem Schutz des menschlichen Lebens. Im Judentum ist es sogar erlaubt, die göttlichen Gebote zu brechen, um einem Menschen das Leben zu retten. Warum sollten also nicht auch Impfstraßen in Kirchen ein Weg sein, durch den Gottes Heil sich vom Profanen ins Sakrale hinein Bahn bricht – ganz im Sinne des adventlichen Aufrufs aus dem Markusevangelium: "Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!"
Der Autor
Roland Müller ist Redakteur bei katholisch.deHinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.