Am Donnerstagabend noch im Gerichtssaal verhaftet

Wegen Missbrauchs angeklagter Priester U. jetzt in Untersuchungshaft

Veröffentlicht am 28.01.2022 um 11:03 Uhr – Lesedauer: 

Köln ‐ Nach dem Prozesstermin am Donnerstag wurde der wegen Missbrauchs angeklagte Kölner Priester U. noch im Gerichtssaal verhaftet. Grund für die Untersuchungshaft ist laut Landgericht Köln Wiederholungsgefahr.

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Der wegen Missbrauchs angeklagte Priester U. aus dem Erzbistum Köln ist in Untersuchungshaft. Der 70-Jährige sei am Donnerstagabend noch im Gerichtssaal verhaftet und nach der Sitzung unverzüglich in die Justizvollzugsanstalt gebracht worden, teilte der Pressesprecher des Landgerichts Köln, Jan Orth, am Freitag mit. Der Haftgrund laute Wiederholungsgefahr.

Der ehemalige Gummersbacher Pfarrer steht seit November vor Gericht, weil er in den 1990er-Jahren seine drei minderjährigen Nichten zum Teil schwer missbraucht und sich 2011 an einem elfjährigen Mädchen vergangen haben soll. Als Zeuginnen sagten in dem Prozess zudem weitere mutmaßliche Opfer unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus – eine von ihnen vor U.s Verhaftung am Donnerstagabend, wie die "Bild"-Zeitung berichtete.

Der Gerichtssprecher erklärte, es stünden Übergriffe im Raum, die sich zuletzt 2019 ereignet haben sollen. Aufgrund der Vielzahl der Vorwürfe, die sich teilweise auch auf die jüngere Vergangenheit bezögen, habe die Zweite Große Strafkammer Wiederholungsgefahr gesehen. Noch sei offen, ob die neuen Vorwürfe der Zeuginnen in den laufenden Prozess eingeführt würden oder ob es eigene Verfahren gebe.

Ex-Offizial Assenmacher sagte aus

Am Donnerstag hatte der frühere oberste Kölner Kirchenrichter Günter Assenmacher (69) in dem Prozess als Zeuge ausgesagt. Er hatte 2010 und 2011 mit dem Fall U. zu tun, als erstmals eine Anzeige wegen Missbrauchs gegen den Geistlichen vorlag. Ein prominenter Zeuge war vor zwei Wochen zudem der Hamburger Erzbischof Stefan Heße (55), der als früherer Personalchef im Erzbistum Köln ebenfalls mit den Vorwürfen befasst war. Heße räumte Fehler im Umgang mit dem Fall ein, während Assenmacher eine Zuständigkeit bei der Bearbeitung von Missbrauchsfällen zurückwies. Gleichwohl räumte der Ex-Offizial ein, dass es 2010 in dem Fall eine Meldung an den Vatikan hätte geben müssen. Auch machte er das Zugeständnis, wenn sich das Erzbistum mehr um Aufklärung bemüht hätte, wären spätere mögliche Taten wohl vermieden worden. Es war bereits die zweite Aussage Assenmachers zu dem Fall.

Als 2010 die erste Anzeige gegen U. vorlag, hatte das Erzbistum Köln den Geistlichen zunächst beurlaubt. Nachdem die Anzeige aber zurückgezogen worden war und die Staatsanwaltschaft ihr Verfahren eingestellt hatte, durfte er wieder als Krankenhauspfarrer arbeiten. Bei dieser Tätigkeit hatte er wohl auch wieder Kontakt zu Kindern und Jugendlichen. Das Erzbistum hatte zunächst auf weitere Maßnahmen verzichtet und die Vorwürfe auch nicht an den Vatikan gemeldet. 2018 hatte es den Fall dann im Zuge seiner Missbrauchsaufarbeitung wieder aufgerollt, ihn an die Behörden gemeldet und U. die Ausübung priesterlicher Dienste untersagt. Schließlich hatte die Staatsanwaltschaft den Ex-Pfarrer angeklagt. Der Prozess soll bis zum 25. Februar dauern. (tmg/KNA)