Standpunkt

"Wir haben verstanden" wäre die richtige Antwort beim Synodalen Weg

Veröffentlicht am 31.01.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Missbrauchsskandal oder Umgang mit queeren Menschen: Es gehe darum, die Kirche so zu verändern, dass die eigentliche Botschaft nicht weiter verdunkelt werde, kommentiert Claudia Nothelle – und blickt dabei voraus auf die dritte Synodalversammlung.

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"Wir haben verstanden." Kirche muss sich ändern. "Wir haben verstanden." So geht es nicht weiter. "Wir haben verstanden." Unsere Botschaft heißt Hoffnung, nicht Angst.

Nach den erschreckenden Ergebnissen der zweiten Missbrauchsstudie in München, nach den eindrucksvollen Outings von über 100 queeren Katholik:innen, angesichts der vielen, die keine Hoffnung mehr haben und aus der Kirche austreten – da kann die Kirche eigentlich nichts mehr missverstehen. Und dennoch drängt sich die Frage auf: Wer hat verstanden? Und vor allen Dingen was haben sie verstanden? Geht es doch darum, die Kirche so zu verändern, dass die eigentliche Botschaft nicht weiter verdunkelt wird.

Ende dieser Woche tagt die dritte Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt. Da wird es sich beweisen müssen. Der Synodale Weg schreckt nicht zurück vor heißen Eisen, sondern benennt zumindest einen Großteil der drängenden Themen. Wird es gelingen, hier die Perspektive der Opfer einzunehmen und sich zu lösen von der Perspektive, der der Schutz der Institution wichtiger ist als Leben und Würde der Opfer? Erst in der abschließenden Debatte und der Abstimmung über die Texte wird deutlich werden, wie ernst der Veränderungswille ist und vor allem, wem es damit wirklich ernst ist.

"Wir haben verstanden." So heißt ganz konkret ein Abschnitt im Grundlagentext aus dem Forum "Macht und Gewaltenteilung" und erläutert dann, welche Veränderungen anstehen, um Machtmissbrauch entgegenzuwirken. "Wir haben verstanden" als Antwort – auf das, was zu sehen, zu hören, zu beobachten ist, wenn man nicht mit ekklesialer Blindheit geschlagen ist. Auch auf das, was andere sagen: Betroffene, Außen- und Fernstehende, Gläubige und Ungläubige.

Es ist ein schmerzhaftes Verstehen, denn es geht um das Eingeständnis von Schuld und die Übernahme von Verantwortung – individuell und strukturell. Wegen der Kirche haben Menschen unerträgliches Leid erlitten. Die Kirche hat diesen Menschen nicht zugehört und stattdessen die Täter in den eigenen Reihen geschont. Die Botschaft vom menschenfreundlichen Gott kann so nicht ankommen. Die Abstimmungen am Ende der Woche in Frankfurt sind entscheidend. Ein "Ja, wir haben verstanden" – auch mit der vorgesehenen Zweidrittelmehrheit der Bischöfe – wäre die richtige Antwort. Und dann müssen Taten folgen.

Von Claudia Nothelle

Die Autorin

Claudia Nothelle lehrt Fernsehjournalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal, ist Aufsichtsratsvorsitzende der katholischen Journalistenschule ifp und Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin wider.