Emeritus sei immer seinem Leitwort "Mitarbeiter der Wahrheit" treu geblieben

Nach Kritik: Ratzinger-Schüler zeigen Verbundenheit mit Benedikt XVI.

Veröffentlicht am 01.02.2022 um 11:59 Uhr – Lesedauer: 

Würzburg ‐ Schüler Joseph Ratzingers weisen die heftige Kritik und den Vorwurf der Lüge gegen Benedikt XVI. zurück: Dadurch werde "nicht nur seine Person und sein Amt, sondern auch sein Wirken als Seelsorger und sein großes theologisches Werk diskreditiert".

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Der Neue Schülerkreis von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. hat seine Verbundenheit mit dem früheren Kirchenoberhaupt bekundet. In einer am Dienstag auf dem Online-Portal der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost" veröffentlichten Stellungnahme wandten sich die Theologen gegen die heftige Kritik und den Vorwurf der Lüge gegen ihren wissenschaftlichen Lehrer im Zusammenhang mit dem Münchner Missbrauchsgutachten. Dadurch werde "nicht nur seine Person und sein Amt, sondern auch sein Wirken als Seelsorger und sein großes theologisches Werk diskreditiert".

Ratzinger habe als Glaubenspräfekt die Bekämpfung und Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche "in Angriff genommen und neue entscheidende Maßnahmen durchgesetzt, die er als Papst weiterentwickelt hat", heißt es in der Stellungnahme. "Dabei hat er insbesondere bei seinen Auslandsreisen immer wieder mit viel Sensibilität die Begegnung mit Betroffenen des Missbrauchs gesucht und keinen Zweifel daran gelassen, wie sehr ihn die Verbrechen im Raum der Katholischen Kirche beschämen." In all seinem Tun sei Ratzinger dem von ihm gewählten Leitwort "Mitarbeiter der Wahrheit" treu geblieben.

Das Schreiben ist vom Vereinsvorstand unterzeichnet, angeführt vom Kölner Kirchenrechtler Christoph Ohly. Außerdem haben drei weitere Mitglieder des älteren Ratzinger-Schülerkreises unterschrieben. Der Neue Ratzinger-Schülerkreis konstituierte sich 2008 aus jungen Theologinnen und Theologen, die am Werk des emeritierten Papstes forschen und sich der Weiterführung seines theologischen Ansatzes verpflichtet sehen.

Stadt und Landkreis Traunstein richten Benedikt-Kommission ein

Unterdessen wollen die Städte Traunstein, Tittmoning und die Gemeinde Surberg eine gemeinsame Kommission Benedikt XVI. einrichten. Das bestätigte am Montag die Pressestelle des Landratsamts Traunstein, das sich um die Koordination kümmert. Infolge des Missbrauchsgutachtens der Erzdiözese München und Freising sei von allen der Wunsch laut geworden, ein solches Gremium zu etablieren, hieß es. Noch stehe man aber mit der Planung und Umsetzung ganz am Anfang.

Der verstorbene Münchner Weihbischof Engelbert Siebler (1937-2018)
Bild: ©Erzbischöfliches Ordinariat München/Pressestelle

Gegen den 2018 verstorbenen Münchner Weihbischof Engelbert Siebler richten sich Misshandlungs- und Missbrauchsvorwürfe aus Kreisen ehemaliger Seminaristen.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist Ehrenbürger von allen drei Kommunen, weil er dort im Laufe seines Lebens mit seiner Familie gelebt hat. Vor allem Traunstein wurde ihm dabei zur "Vaterstadt", wie er gern sagte, womit die Kommune auch für sich wirbt, zum Beispiel mit Hinweisschildern an der Autobahn. In Traunstein besuchte Joseph Ratzinger als Schüler auch das Studienseminar Sankt Michael der Erzdiözese München und Freising. In späteren Jahren kehrte er als Kurienkardinal dorthin gern zurück, um Urlaub zu machen. Auch der sogenannte Benediktweg, ein Radweg auf den Spuren des früheren Papstes zwischen Inn und Salzach, führt durch diese Orte.

Ziel sei es, die im Gutachten geäußerten Vorwürfe und damit verbundene Verantwortlichkeiten in Hinblick auf die örtliche Erinnerungs- und Würdigungskultur "sachlich und fachlich" einzuordnen und gegebenenfalls Handlungsempfehlungen auszusprechen, heißt es. In der Kommission sollen die historische, juristische und theologische Perspektive sowie die drei beteiligten Kommunen vertreten sein.

Experten fordern mittlerweile eine Einzeluntersuchung der Bildungseinrichtung Sankt Michael. Denn ab etwa 2016 wurden dem Erzbistum Misshandlungs- und Missbrauchsvorwürfe aus Kreisen ehemaliger Seminaristen bekannt. Sie richten sich auch gegen den 2018 verstorbenen Münchner Weihbischof Engelbert Siebler, der von 1976 bis 1985 das Studienseminar im Chiemgau leitete. 2020 wurde bekannt, dass es eine vertrauliche Gesprächsrunde mit Betroffenen in der Einrichtung gegeben hat. Mit der Gruppe würden weitere Schritte zur Aufarbeitung entwickelt, hieß es damals. (tmg/KNA)