"#OutInChurch"-Zeugnis "war mehr als überfällig"

Juristin zu Arbeitsrecht: "Schweres Unrecht" der Bischöfe

Veröffentlicht am 05.02.2022 um 10:25 Uhr – Lesedauer: 

Eichstätt ‐ Um die Diskriminierung von Homosexuellen in der katholischen Kirche zu beenden, müssten die Bischöfe "jetzt den Kampf mit Rom aufnehmen", fordert die Juristin Renate Oxenknecht-Witzsch. Sie erwartet auch eine Entschuldigung der Amtskirche.

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Die Juristin Renate Oxenknecht-Witzsch fordert ein Ende der Diskriminierung von Homosexualität in der katholischen Kirche. "Hier müssten die deutschen katholischen Bischöfe jetzt den Kampf mit Rom aufnehmen", sagte die emeritierte Jura-Professorin der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) dem Ingolstädter "Donaukurier" (Samstag). Sie erwarte zudem eine Entschuldigung der Amtskirche allen gegenüber, die seit Jahren unter dem kirchlichen Arbeitsrecht "massiv leiden, weil sie ihr Privatleben nicht leben dürfen. Hier haben die Bischöfe schweres Unrecht auf sich geladen."

Oxenknecht-Witzsch äußerte sich im Zusammenhang mit der Initiative "#OutInChurch". Unter diesem Titel hatten sich jüngst 125 queere katholische Menschen an die Öffentlichkeit gewandt. Sie fordern unter anderem eine Überarbeitung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen für katholische Einrichtungen; kirchliche Angestellte sollten wegen ihrer Sexualität keine Kündigung fürchten müssen. Queer ist ein Oberbegriff für Menschen, deren sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität nicht heterosexuellen Vorstellungen entspricht.

"Ich glaube, dieses Zeugnis war mehr als überfällig"

Die Rechtswissenschaftlerin sagte nun: "Wenn 125 Menschen zusammen sich outen, dann kann die Kirche kaum mehr individuelle Sanktionen verhängen. Ich glaube, dieses Zeugnis war mehr als überfällig."

Zur Frage, ob es überhaupt noch ein eigenes kirchliches Arbeitsrecht brauche, sagte Oxenknecht-Witzsch: "Die katholische und evangelische Kirche haben eine verfassungsrechtliche Sonderstellung, die ihre Grundlage in der Religionsfreiheit hat. Auch wenn die Artikel im Grundgesetz geändert würden, bleibt ein Selbstbestimmungsrecht der Kirche, auch in Bezug auf die arbeitsrechtlichen Fragen. Entscheidend wäre dann die Frage, wie weit dieser Bereich geht, ob Kindertagesstätten der Pfarrgemeinden oder Sozialdienste der Caritas auch dazu gehören. Derzeit gehen wir davon aus, dass sie dazugehören."

Ferner sprach sich Oxenknecht-Witzsch für eine Unternehmensmitbestimmung für die Kirchen aus. "Die Kirchen sind aus dem Mitbestimmungsgesetz und Drittelbeteiligungsgesetz ausgenommen. Eine eigene Regelung ist angesichts immenser Konzernbildung auch im Bereich der katholischen Kirche längst überfällig." Schließlich gebe es große karitative Träger mit bis zu 30.000 Beschäftigten in Konzernstrukturen. (KNA)