Aussagen über angebliche Homosexualität zulässig

OLG Wien weist Klage von Bischof Küng gegen Buch von Wolfgang Rothe ab

Veröffentlicht am 07.02.2022 um 15:10 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Im Buch "Missbrauchte Kirche" berichtet der Priester Wolfgang Rothe über Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe. Gegen zwei Passagen ging der St. Pöltener Ex-Bischof Klaus Küng gerichtlich vor – nun entschied das Wiener Oberlandesgericht gegen ihn.

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Das Oberlandesgericht Wien hat in zweiter Instanz die Klage des emeritierten Bischofs von St. Pölten, Klaus Küng, gegen Äußerungen in dem Buch "Missbrauchte Kirche" des Priesters Wolfgang Rothe zurückgewiesen. Der Beschluss des Gerichts vom 26. Oktober 2021 wurde durch einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" (Sonntag) bekannt und liegt katholisch.de vor. Küng hatte aufgrund von zwei Stellen in Rothes Buch zu Aussagen über seine angebliche und von ihm bestrittene Homosexualität unter anderem auf eine Entschädigung gemäß österreichischem Mediengesetz geklagt. Die Veröffentlichung würde seinen höchstpersönlichen Lebensbereich verletzen und sei geeignet, ihn in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Das Gericht folgte dem in seinem Beschluss nicht. Rothes Buch befasse sich "just mit dem Handeln der kirchlichen Organe und deren Dogmen im Zusammenhang mit der Sexualmoral und dem Thema des sexuellen Missbrauchs bzw. des oftmals mit diesen Verhaltensweisen einhergehenden Missbrauchs von Macht- und Autoritätsverhältnissen". Daher sei die "ohnehin nur am Rande und vor allem im Zusammenhang mit einem angezeigten Sexualverbrechen erwähnte" Information, dass Küng selbst homosexuell sein soll, im Rahmen der vom Autor angestrebten Debatte von öffentlichem Interesse.

Die beiden von Küng inkriminierten Fälle behandeln das "Bischofs-Outing" von 1995, als der Generalsekretär der Wiener Homosexuellen-Initiative vier Bischöfe als angeblich homosexuell geoutet hatte, darunter Küng. Gegen die Behauptung setzten sich die Bischöfe erfolgreich gerichtlich zur Wehr. Die erste Passage berichtet über diesen Vorgang, in der zweiten berichtet Rothe von seinen eigenen Vorwürfen gegen Küng unter Verweis auf die Vorgänge von 1995. Anders als 1995 seien die Missbrauchsvorwürfe Rothes belegbar, Küng habe zwar rechtliche Schritte gegen Rothes Darstellung angedroht, aber nicht ergriffen. Das OLG argumentierte, dass es zulässig sein müsse, "als Opfer eines mutmaßlichen Sexualverbrechens den Übergriff und damit in engem Zusammenhang stehende, weitere Argumente für die eigene Glaubwürdigkeit und zur Untermauerung der eigenen Tatversion (wie etwa Indizien für die gleichgeschlechtliche Neigung des Verdächtigen, die die Tat 'plausibler' machen)", anzuführen.

Nach Jahren an die Öffentlichkeit getreten

In seiner Beschwerde gegen die Entscheidung des erstinstanzlichen Landesgerichts für Strafsachen Wien brachte Küng vor, dass er es sich nicht gefallen lassen müsse, "dass nach 25 Jahren seinerzeit gegen mich erhobene Vorwürfe der Homosexualität wieder aufgewärmt und damit an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden". Wenn eine homosexuelle Beziehung der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werde, sei damit immer eine Bloßstellung verbunden, "obwohl vielleicht manche Menschen darauf mit Verständnis oder Mitleid reagieren", so der Schriftsatz Küngs.

Rothe veröffentlichte seine Geschichte 2021 unter dem Titel "Missbrauchte Kirche. Eine Abrechnung mit der katholischen Sexualmoral und ihren Verfechtern" bei der Verlagsgruppe Droemer Knaur, gegen die sich die Klage richtete. Darin berichtet der Priester der Diözese St. Pölten, der mittlerweile in München lebt, unter anderem über einen angeblichen Übergriff und Machtmissbrauch seines ehemaligen Diözesanbischofs Küng. Bereits zuvor hatte sich Rothe gegenüber verschiedenen Medien, darunter katholisch.de, offenbart. (fxn)