Organisatorin über Mainzer Jugendsynode: Chance nicht entgehen lassen
Meinungen äußern, Standpunkte austauschen, miteinander diskutieren – das war der Wunsch der rund 50 Jugendlichen bei der zweiten Mainzer Jugendsynode am vergangenen Wochenende. Die Jugendsynode ist eng verknüft mit dem bistumseigenen Reformprozess Pastoraler Weg – teilt aber auch die Anliegen anderer kirchlicher Reformprozesse, erklärt die Mitorganisatorin Alfrun Wiese im Interview.
Frage: In Deutschland gibt es einen Synodalen Weg, der Vatikan hat einen weltweiten synodalen Prozess gestartet und im Bistum Mainz läuft der Pastorale Weg. Wozu braucht es neben diesen ganzen Prozessen noch eine Jugendsynode in Ihrem Bistum?
Wiese: Wir haben dieselben Anliegen, wie auch der Synodale Weg oder der weltweite synodale Prozess: Wir möchten Mitbestimmung erreichen. Gerade mit Blick auf den Pastoralen Weg im Bistum Mainz ist das wichtig, weil hier Umstrukturierungsprozesse laufen und man versucht, in andere Richtungen zu denken. Dafür ist die Jugend natürlich ein wichtiger Faktor und eine Gruppe, die viel beitragen kann. Darum haben wir uns zur Jugendsynode getroffen, um uns – auch mit Bischof Kohlgraf – auszutauschen, Meinungen zu äußern, zu diskutieren und die Standpunkte der Jugend deutlich zu machen.
Frage: Spielt die Sicht der Jugend in den genannten Prozessen denn keine wichtige Rolle?
Wiese: Auch beim Synodalen Weg haben wir die jungen Synodalen, die sicherlich eine sehr gute Arbeit machen. Für den Pastoralen Weg hier im Bistum ist die Jugendsynode einfach ein wichtiger Baustein. Natürlich ist das nicht die einzige Form der Jugendbeteiligung, das passiert auch vor Ort. Aber für uns ist das die Möglichkeit, auch vom ganzen Bistum die Stimmen der Jugendlichen zu sammeln und direkt mit dem Bischof ins Gespräch zu kommen.
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Frage: Wo sind denn die Anknüpfungspunkte zum Pastoralen Weg?
Wiese: Der Pastorale Weg geht ab Ostern in eine zweite Phase und dann werden die neuen Pastoralräume errichtet und es wird darum gehen, Pfarrei neu zu denken und neu zu strukturieren. Dabei sollen auch die Sichtweisen der Jugend eingebracht werden. Das können kleine Dinge wie zum Beispiel Räumlichkeiten sein. Das sind gerade in der aktuellen Zeit aber auch größere Fragen, etwa zur Sexualmoral oder dem Umgang mit queeren Menschen in den Gemeinden oder im Bistum. Solche Themen sind bei der Jugendsynode diskutiert worden und es ging uns darum, sie möglichst auf so eine Basis herunterzubrechen, dass wir sie auch auf Bistumsebene beantworten können. Dass wir die Sexualmoral nicht allein im Bistum Mainz umstrukturieren können, ist uns vollkommen klar. Aber wir können es in unserem Bistum beispielsweise schaffen, offen für queere Menschen zu sein und eine Willkommenskultur zu schaffen.
Frage: Was waren denn grundsätzlich die Themen, mit denen sich die Jugendlichen auseinandergesetzt haben?
Wiese: Wir hatten am Samstag tagsüber drei verschiedene Workshops. Da war einmal das Thema "Jugendarbeit 2030", was bei uns im Bistum der Endpunkt für den Pastoralen Weg sein soll und wie es danach weitergehen kann. Dann hatten wir "Partizipation und Gleichstellung" als ein großes Thema und "Kirche 4.0", was natürlich ein riesiges Feld ist, aber die Teilnehmer haben sich da besonders auf digitale Kirche, Kirche und Gesellschaft und Glauben heute spezialisiert und da nochmal geschaut, was ihre Anliegen sind. Außerdem haben wir zu einer Podiumsdiskussion mit Teilnehmenden der "#OutInChurch"-Bewegung eingeladen. Alle Ergebnisse haben wir dann am Sonntag Bischof Kohlgraf vorgestellt und sind mit ihm in die Diskussion gegangen.
Frage: Welche konkreten Ergebnisse konnten dem Bischof denn vorgestellt werden?
Wiese: Die Synodalen haben einige Forderungen an den Bischof gestellt, die er mit auf den Weg genommen hat. Dazu gehören beispielsweise die Vielfalt der Kirche auch in ihren Räten sichtbar zu machen und eine paritätische Besetzung anzustreben, Schulungen für alle kirchlichen Mitarbeitenden zum Thema LGBTQIA*, eine pastorale Anlaufstelle für queere Personen, eine Servicestelle für Pfarreien zur Unterstützung bei digitalen Angeboten und auch die Jugendsynode als einen festen Bestandteil der Partizipation zu etablieren. Die Ergebnisse und Forderungen der Jugendsynode werden nun im Nachgang in Arbeitspapieren festgehalten.
Frage: Wie hat sich Bischof Kohlgraf denn grundsätzlich zu den Beratungen der Jugendlichen geäußert? Was hat er ihnen mit auf den Weg gegeben?
Wiese: Man hat deutlich gemerkt, dass es dem Bischof wichtig war, dass wir miteinander reden. Das hat er auch schon bei der ersten Jugendsynode 2018 betont: Es ist wichtig, dass wir nicht übereinander reden, sondern miteinander. Man hat gemerkt, wie viel ihm das wert ist.
Frage: Sie haben die Jugendsynode 2018 angesprochen. Warum haben Sie denn jetzt eine zweite veranstaltet?
Wiese: Das hängt auch mit dem Pastoralen Weg zusammen, dessen einzelne Phasen wir beleuchten und dem wir uns anschließen wollen. Natürlich ist es nicht damit getan, einmal zu reden, sondern es ist wichtig, dass wir dauerhaft ins Gespräch kommen. Auch die Themen entwickeln sich natürlich weiter. Bei der ersten Jugendsynode haben die Teilnehmenden die Themen erarbeitetet, über die sie sich jetzt intensiver ausgetauscht und die sie weiterbearbeitet haben.
Frage: Der Pastorale Weg geht bis 2030. Wird es demnach noch eine dritte oder noch mehr Jugendsynoden im Bistum geben?
Wiese: Der Bischof hat den Wunsch danach am Sonntag auf jeden Fall geäußert und wir unterstützen das natürlich und freuen uns, wenn das wieder zustande kommen würde. Konkrete Planungen gibt es allerdings noch nicht. Mein Wunsch wäre das aber definitiv. Die Jugendsynode darf auch nicht die einzige Beteiligungsform oder das einzige Gremium sein. Wir merken auch beim Diözesan BDKJ oder im Bischöflichen Jugendamt, wie viel wir aus den Antworten der Jugendlichen von der letzten Jugendsynode mitgenommen haben und welche Inspirationen das für unsere weitere Arbeit bietet. Die Chance wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
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Frage: Was haben Sie aus der Jugendsynode 2018 denn mitgenommen für die vier Jahre, die seitdem ins Land gegangen sind?
Wiese: Leider sind vier Jahre seitdem vergangen. Wir wollten eigentlich schon vor einem Jahr wieder tagen und uns treffen, aber durch Corona mussten wir leider zweimal den Termin verschieben und waren deswegen sehr dankbar, dass er jetzt stattfinden konnte. Was mir als Mitarbeiterin des Referats "Qualifizierung Ehrenamt" hängengeblieben ist, ist der große Wunsch, mitzubestimmen und mitgestalten zu können. Wir versuchen deshalb sicherzustellen, dass das in Gremien der Fall ist, aber wir überlegen auch, wie man außerhalb von Gremien Jugendmitbestimmung leben und umsetzen kann.
Frage: Welches Feedback haben Sie jetzt von den Jugendlichen bekommen?
Wiese: Wir können uns darüber freuen, dass viel positives, aber auch differenziertes Feedback kam. Viele haben sich darüber gefreut, dass man sich einfach mal wieder sehen und lebhafter diskutieren kann, als das im digitalen Raum möglich ist. Viele haben sich auch über die intensive Zeit in den Workshops gefreut – das Feedback war aber auch, dass noch mehr Zeit gut gewesen wäre. Das sind also wirklich Themen, die viel Raum brauchen. Und es gab sehr positive Rückmeldungen darüber, dass wir "#OutInChurch" miteinbezogen haben.
Frage: Wie gehen die Jugendlichen damit um, dass beispielsweise beim Feld Sexualmoral nicht mit schnellen Veränderungen zu rechnen ist?
Wiese: Da habe ich sehr realistische Teilnehmende erlebt, denen natürlich klar ist, dass unser Bischof nicht die gesamte Sexualmoral der katholischen Kirche reformieren kann. Nichtsdestotrotz haben sie ihre Meinung dazu gesagt und es ist wichtig, Position zu beziehen, auch wenn unser Bischof manche Sachen leider nicht ändern kann. In den Diskussionen und konkreten Vorschlägen haben wir versucht, auf Bistumsebene zu bleiben – ohne aus den Augen zu verlieren, dass das Ziel noch größer ist.