Standpunkt

Trotz Rücktrittsangebot: Kardinal Woelki ist gekommen, um zu bleiben

Veröffentlicht am 03.03.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ist nach seiner Auszeit wieder da – und hat seinen Rücktritt angeboten. Doch sein Brief handelt nicht vom Gehen, beobachtet Julia Knop. Wieder einmal hätten die Gläubigen im Erzbistum das Nachsehen.

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Kein öffentlicher Auftritt, keine Videobotschaft, keine Vorabinformation an die Interimsleitung, sondern ein Hirtenwort des amtierenden Erzbischofs. So kommt Rainer Maria Woelki nach Köln zurück. So beendet er seine Zeit verordneter Selbstreflexion. Mit der österlichen Bußzeit sind wohl die Gläubigen an der Reihe, umzukehren und auf ihn zuzugehen.

Der Ton des Schreibens ist neu, vermittelnd, geradezu versöhnlich. Man hätte es gern aus seinem eigenen Mund gehört. Papier ist schließlich geduldig. Und wenn Pfarrer den Brief von der Kanzel verlesen, stehen sie direkt wieder für ihren alten neuen Erzbischof ein. Mitgehangen, mitgefangen.

Über weite Strecken schreibt Woelki von sich. Er erzählt von Erschöpfung, Überforderung, inneren Verhärtungen und den Chancen einer Auszeit. Fast nebenbei berichtet er, dass er dem Papst seinen Rücktritt angeboten habe. Das wurde die kirchliche Meldung des Tages. Aber Woelkis Brief handelt nicht vom Gehen, sondern vom Bleiben.

Er wirbt zwar um Offenheit und Geduld der Gläubigen; er wolle hören, was sie bewegt. Aber ob die Kölner Katholik:innen sich eine Zukunft mit ihm als Erzbischof vorstellen können, steht nicht zur Debatte. Die Bitte um Vergebung angesichts der eklatanten Zerwürfnisse im Bistum sucht man im Hirtenbrief vergeblich. Eigene Versäumnisse bleiben Woelkis Innenschau vorbehalten. Auch Zusagen, was er künftig ändern werde, macht er nicht. Er stellt keine Rückkopplung der Gespräche mit strukturellen Reformen in Aussicht. Ohnehin ist fraglich, welche neuen Erkenntnisse Gespräche bringen sollen. Alle maßgeblichen Gremien haben sich klar gegen eine Zukunft mit ihm als Erzbischof ausgesprochen. Tausende haben ihre Mitgliedschaft, ihr Ehrenamt oder ihre kirchliche Arbeitsstelle quittiert.

Woelkis kommunikative Avance zielt auf gedeihliches Bleiben im überkommenen System. "Schwere kommunikative Fehler" (so der Papst) waren zwar Anlass seiner Auszeit. Doch sein Rücktrittsangebot hatte damit nichts zu tun, das sei aus innerer Freiheit erfolgt. Es richtete sich ohnehin nicht an das Bistum, sondern an den Papst. Der soll nun über das Wohl und Wehe der Kirche von Köln befinden. So sieht es das System vor. Aber damit macht Woelki seinen Verbleib im Amt zum weltkirchlichen Politikum. Am Ende geht es nicht um die Kirche von Köln, sondern darum, ob der Papst ein Zerwürfnis mit dem mächtigen Kardinal riskiert. Und die Katholik:innen von Köln haben das Nachsehen. Sie werden wieder einmal nicht gehört.

Von Julia Knop

Die Autorin

Julia Knop ist Professorin für Dogmatik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.