"Wir hätten früher aktiv werden müssen"
Jüsten reagierte damit auf Berichte, dass die Zahl der Kirchenaustritte derzeit stark ansteigt. Hintergrund ist, dass das Verfahren zur Erhebung der Kirchensteuer auf die Kapitalertragsteuer ab 1. Januar 2015 automatisiert wird.
Banken führen dann die auf Kapitalerträge anfallende Kirchensteuer automatisch an die Finanzämter ab; dazu erfragen sie derzeit die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden. In diesen Monaten bekommen Kunden entsprechende Benachrichtigungen von ihren Geldinstituten. Viele Kirchenmitglieder haben offenbar den Eindruck, dass es sich um eine zusätzliche Steuer handelt. Manche nehmen die Änderung zum Anlass, um auszutreten.
Jüsten: Keine neue Steuer
Jüsten verwies auf die Steuergerechtigkeit: Es sei "nur schwer erklärbar, wenn Arbeitnehmer auf Löhne und Gehälter ihre Kirchensteuer automatisch zahlen, Menschen mit Einkünften aus Kapitalvermögen jedoch nicht". Die Kirchen müssten aber besser erklären, dass es sich dabei um keine neue Steuer handele. "Wer im bisherigen Verfahren auf seine Zinserträge ehrlich Kirchensteuer bezahlt hat, zahlt keinen Cent mehr."
Der Prälat widersprach Äußerungen aus der evangelischen Kirche , nach der Bankberater zum Kirchenaustritt geraten hätten. "Die Banken haben korrekt informiert", sagte der Theologe. Er habe keine Belege dafür, dass "Bankberater massenhaft zum Kirchenaustritt aufgerufen haben." Dagegen hätten es die Kirchen lange versäumt, ihre Mitglieder zu informieren: "Wir selbst hätten früher aktiv werden müssen." Das katholische Büro in Berlin ist die Schnittstelle zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und der Bundespolitik.
Nach Einschätzung des Prälaten verweist die Debatte um die Kirchensteuer auf ein grundsätzliches Problem: "Wichtiger als das Verfahren der Kirchensteuererhebung ist für mich die Frage, wie wir es schaffen, die distanzierten Mitglieder zu halten, und wie wir die ausgetretenen Mitglieder wiedergewinnen können", sagte er.
"An diesem Bindungsverlust sind wir zum Teil selbst schuld"
Die Kirchen hätten sich bisher nicht ausreichend mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass so viele Menschen sich innerlich von der Kirche entfernt haben. "Sie erleben die Kirche nicht mehr. An diesem Bindungsverlust sind wir zum Teil selbst schuld, wenn wir uns zum Beispiel aus der Fläche zurückgezogen haben. Das setzt eine Abwärtsspirale in Gang, die niemand möchte." (KNA)
Hinweis: Die Deutsche Bischofskonferenz bietet eine Broschüre mit Informationen zum neuen Verfahren zum Einzug der Kirchensteuer an .