Franziskus' Marienweihe im Ukraine-Krieg könnte eher Putin helfen
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Seit über einem Monat tobt der Krieg in der Ukraine. Immer wieder stand in dieser Zeit auch Papst Franziskus im Fokus: Verurteilt er den Angriff Russlands scharf genug? Warum nennt er den Namen Wladimir Putin nicht? Und redet er dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. stark genug ins Gewissen? Nach anfänglicher Zurückhaltung wurde zumindest der Ton der päpstlichen Äußerungen mit der Zeit schärfer. Er sprach von einem "sinnlosen Massaker" und einem "Sakrileg".
Es schien der Schritt in die richtige Richtung zu sein – mit einem entscheidenden Haken: Ross und Reiter benennt der Papst bis heute nicht. Das wurde nach dem Gespräch mit Kyrill in der vergangenen Woche deutlich. Dass die Kirche "die Sprache Jesu und nicht der Politik sprechen" sollte, lässt sich zwar als Rüffel für den Putin-treuen Patriarchen deuten. Dass Franziskus hier aber statt auf klare Worte auf diplomatisch-pastorale Phrasen setzt, eröffnet auch Spielraum für gegensätzliche Interpretationen. So verwundert es nicht, dass Kyrill selbst nach dem Gespräch "ein hohes Maß an Einigkeit und Verständnis" feststellte. Bis heute ist jeder Widerspruch aus dem Vatikan dazu ausgeblieben.
Stattdessen geht der Papst nun einen nächsten diplomatischen Schritt: Er weiht nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland dem Unbefleckten Herzen Mariens. Das Ansinnen dahinter ist erst einmal verständlich: Es soll ein Akt der Weltkirche sein, der "den Schmerzensschrei aller, die leiden und ein Ende der Gewalt herbeisehnen, vor Gott trägt". Und ja, es leiden auch Menschen in Russland; weil sie das Leid in der Ukraine sehen, weil sie den Feldzug verurteilen und Putin gegen die Proteste im eigenen Volk vorgeht oder weil sie durch Sanktionen des Westens hart getroffen werden. Mit dem durch den Krieg ausgelösten Leid der Menschen in der Ukraine ist das allerdings nicht vergleichbar.
Diese Differenzierung spielt in der vom Vatikan vorgeschlagenen Weiheliturgie aber keine Rolle. Und die Schuldfrage im Ukraine-Krieg klammert der Papst gleich ganz aus. Dabei wäre auch für sie in der Liturgie Platz gewesen. Stattdessen ist allgemein von Hass, Krieg, Hunger und Armut die Rede – und von der Marienfrömmigkeit beider Nationen. Gemeinsames benennen, statt weiter zu spalten? Das ist gut gemeint, aber gefährlich. Weil der Papst es erneut verpasst, sich klar zu positionieren, bleibt für Kyrill die Chance, auch dieses mutmachende Zeichen der Marienweihe für sich zu instrumentalisieren. Statt dem ukrainischen Volk wäre dann eher dem Despoten Wladimir Putin geholfen.
Der Autor
Björn Odendahl ist Redaktionsleiter bei katholisch.de.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.