Standpunkt

Das Plus macht den Unterschied: Gott+ steht für mehr

Veröffentlicht am 05.04.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Katholische junge Gemeinde (KjG) schreibt ab sofort Gott mit einem nachfolgenden Pluszeichen, also Gott+. Agathe Lukassek fragt sich, was das soll. Sie erkennt hinter der Entscheidung ein altes Anliegen – und ein Mehr an Bedeutung.

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Am Montag vermeldete die Katholische junge Gemeinde (KjG): "Gefunden: Wortbild für vielfältige Gottes+bilder". Gott werde von ihnen künftig mit einem Pluszeichen ausgeschrieben, beschloss der 80.000 Mitglieder umfassende Jugendverband bei seiner Bundeskonferenz. Geht es dabei um die gendergerechte Sprache, wie man mit Blick auf die Katholische Studierende Jugend (KSJ) meinen könnte, die seit 2020 Gott* schreibt? Nicht ganz. "Als KjG stellen wir uns der Herausforderung, jungen Menschen Zugänge zu vielfältigen Gottes+bildern und damit zum Glauben überhaupt zu erschließen," heißt es im Beschluss. Man mache die Erfahrung, dass einseitig männlich-patriarchale, weiße Gottesbilder im kirchlichen Sprechen von Gott jungen Menschen den Zugang zu Gott erschweren, die sich selbst in solchen Vorstellungen nicht als Ebenbild Gottes erkennen können. 

Der Jugendverband verweist auf die Bibel, in der sich neben männlichen und weiblichen Zügen Gottes auch Anknüpfungspunkte für vielfältigere Gottesvorstellungen fänden, "von denen aus sich auch ungeschlechtliche, überpersonale und unanschauliche Gottes+reden entwickeln lassen". Die Schreibweise "Gott+" solle auch darauf aufmerksam machen, dass man Gott nicht für sexistische und patriarchale Positionen in Dienst nehmen könne. Ziel sei es, dass das Plus hinter Gott eines Tages überflüssig werde, weil das Wort Gott ohne Zusätze mit der Vielfalt assoziiert wird.  

In Texten, Gebeten und Gottesdiensten der KjG sollen wechselnde Bezeichnungen und vielfältige Ansprachen für Gott gefunden und genutzt werden. Ist das etwas Neues? Die katholischen Frauenverbände machen das schon lange, die "Bibel in gerechter Sprache" seit 2006. Auch in der Praxis der KjG und weiterer Jugendverbände wird bereits von "Mutter" und "Schöpfungskraft" gesprochen. Und das gendern? In gendergerechter Sprache kommen bislang Stern, Unterstrich und Doppelpunkt vor, das Plus nicht. Das Pluszeichen verweist für mich auf ein "Mehr" und "Größer", darauf, dass Gott anders größer ist, als wir es uns vorstellen können. Optisch erinnert mich das Plus zudem an unser christliches Erkennungszeichen, das Kreuz. Ich wünsche der KjG mit "Gott+" Erfolg hin zu dem Ziel, dass wir alle künftig Gott vielfältiger denken können!

Von Agathe Lukassek

Die Autorin

Agathe Lukassek ist Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Hildegardis-Verein mit Sitz in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.