Früherer Hildesheimer Oberhirte wegen Umgang mit Missbrauch in Kritik

Bischof-Janssen-Straße in Hildesheim bekommt neuen Namen

Veröffentlicht am 05.05.2022 um 11:43 Uhr – Lesedauer: 

Hildesheim ‐ Der ehemalige Hildesheimer Bischof Heinrich Maria Janssen soll während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch in der Kirche wissentlich geduldet zu haben. Die nach ihm benannte Straße in Hildesheim hat nun einen neuen Namen.

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Die Bischof-Janssen-Straße in Hildesheim wird in Marie-Wagenknecht-Straße umbenannt. Dies beschloss der Ortsrat am Mittwochabend, wie ein Stadtsprecher der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigte. Damit trägt sie künftig den Namen einer früheren Hildesheimer Kommunalpolitikerin. Der jetzige Namensgeber, Heinrich Maria Janssen (1907-1988), ist wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen in die Kritik geraten.

Betroffene von sexualisierter Gewalt begrüßten die Entscheidung. Die Umbenennung sei "ein klares Zeichen", dass die Opfer und nicht mehr die Täter in den Blick genommen würden, sagte Nicole Sacha von der Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim der KNA. "Das Leid der Opfer, das durch das Nicht-Handeln von Heinrich Maria Janssen erst ermöglicht wurde, kann nicht durch sein positives Wirken aufgewogen oder gar gegengerechnet werden." Die Initiative hoffe, dass nicht nur die Stadt, sondern auch das Bistum seiner Verantwortung gerecht werde.

Der amtierende Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sagte, er könne verstehen, dass die Straße umbenannt werde. "Ich hatte damit gerechnet, dass es so kommt." Zum weiteren Umgang mit dem Gedenken an Bischof Janssen soll nach Angaben des Bistums eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden. Janssen war von 1957 bis 1982 Bischof in Hildesheim. Ein jüngst veröffentlichtes Gutachten wirft ihm vor, während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch in seiner Kirche wissentlich geduldet zu haben. Vorwürfe, nach denen sich Janssen selbst an Kindern vergangen haben soll, konnten die Gutachter weder belegen noch entkräften.

Weitere Städte benennen Straßen um

Nach der Vorstellung der Studie hatte die Betroffeneninitiative im Bistum Hildesheim eine Umbenennung der Bischof-Janssen-Straßen in Hildesheim und in Duderstadt gefordert. In Duderstadt war die Umbenennung in "Zum Ferienparadies" bereits im Dezember beschlossen worden. Auch die Bischof-Janssen-Straße in Kevelaer wird umbenannt. Der Stadtrat habe sich einstimmig für eine neue Namensgebung ausgesprochen und distanziere sich zudem von der Ehrenbürgerwürde für den früheren Hildesheimer Bischof, erklärte die Stadt im Februar.

In Hildesheim hatte sich der zuständige Ortsrat bereits im November grundsätzlich für die Umbenennung der Straße ausgesprochen. Zur Namensfindung wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie hatte in einer Beschlussvorlage einstimmig empfohlen, die Straße umzubenennen: "Vor dem Hintergrund zeitgenössischer und aktueller Moral- und Rechtsprinzipien ist das Handeln Bischof Janssens als verbrecherisch zu bezeichnen und eine Beibehaltung des Straßennamens aus Sicht der AG nicht zu rechtfertigen."

Marie Wagenknecht (1885-1970) engagierte sich im Kaiserreich, der Weimarer Republik und der Bundesrepublik ehrenamtlich in Hildesheim als Kommunalpolitikerin. Sie zählt zu den Gründerinnen der örtlichen Arbeiterwohlfahrt (AWO) und war von 1922 bis 1933 deren Vorsitzende. Nach 1945 engagierte sie sich beim Wiederaufbau der AWO und wurde zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Ihr Leben sei durch den Einsatz für Demokratie und soziale Gerechtigkeit geprägt gewesen, heißt es im Beschluss des Ortsrats. (tmg/KNA)

5.5., 15:55 Uhr: Ergänzt um Betroffeneninitative und Bistum.