Becciu in Vatikan-Finanzprozess: Kann mich an Dokumente nicht erinnern
Der Strafprozess um den vatikanischen Finanzskandal ist am Mittwoch mit der Befragung des angeklagten Kardinals Giovanni Angelo Becciu fortgesetzt worden. Diesem legte Strafverfolger Alessandro Diddi eine Reihe von Dokumenten und Protokollen vor, die zum Teil Beccius Unterschrift zeigten. In vielen Fällen antwortete der Angeklagte, er könne sich an die Dokumente, Vorgänge oder Personen nicht erinnern. Das meiste habe er an sein Büro delegiert.
Becciu, bis 2018 als Substitut an einer Schaltstelle im Staatssekretariat tätig, werden im großen vatikanischen Finanzprozess Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Im Kern geht es in dem Prozess mit weiteren neun Angeklagten um finanzielle Unregelmäßigkeiten und Verluste von rund 270 Millionen Euro beim Erwerb einer noblen Londoner Immobilie. Hierbei sollen Berichten zufolge auch Spenden aus der päpstlichen Sammlung "Peterspfennig" benutzt worden sein; ein Vorwurf, den Becciu ausdrücklich zurückwies.
Im Staatssekretariat habe Verwaltungsleiter Alberto Perlasca großen Einfluss gehabt. Ihm, so Becciu, habe er sehr vertraut, auch was die Einschätzung von Risiken anging. So habe er Perlasca mehrfach nach der Rendite des Londoner Deals gefragt, dieser ihn jedoch vertröstet. Aus Unterlagen des Strafverfolgers ging jedoch hervor, dass Perlasca Becciu bereits früh über seltsames Gebaren ihrer Finanzpartner informiert haben will.
Anderen Einrichtungen nicht rechenschaftspflichtig
Becciu verteidigte die autonomen Fonds, über die das Staatssekretariat bisher verfügte; dazu zählten auch Mittel aus dem sogenannten Peterspfennig. Als übergeordnete Behörde sei man anderen Einrichtungen des Vatikan nicht rechenschaftspflichtig gewesen. Der Kardinal bezog er sich dabei auf Bemühungen des 2014 neu errichteten Wirtschaftssekretariats. Dieses hatte unter seinem damaligen Leiter, Kardinal George Pell, versucht, einen Überblick und Kontrolle über die Finanzen der Vatikanbehörden zu bekommen.
Die Vernehmung war vielfach von heftigen, auch emotionalen Vorwürfen und Reaktionen geprägt. Mehrfach ermahnte der Vorsitzende Richter, Giuseppe Pignatone, die Parteien zur Sachlichkeit.
Zu Beginn der Verhandlungen hatte Pignatone dem Antrag, den Hauptzeugen Perlasca als zivilen Nebenkläger zuzulassen, nur teilweise stattgegeben. Dies gelte für die Anklage gegen Becciu als früheren Vorgesetzten, nicht aber mit Blick auf andere Angeklagte und mögliche Schadensersatzforderungen. (mal/KNA)