Lücking-Michel: Synodalität durch ständigen Synodalen Rat verstetigen
Die Vorsitzende des Synodalforums "Macht und Gewaltenteilung" Claudia Lücking-Michel sieht eine synodale Beteiligung der Laien für die Kirche als notwendig an. In der aktuellen Ausgabe der Monatszeitschrift "Herder-Korrespondenz" (Juni) bezeichnete die ehemalige Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) das anstehende Ende des Synodalen Wegs als "Dilemma": "Denn wer 'Synodalität' als theologisch begründet und ekklesiologisch notwendig versteht, wer die Beteiligung aller Gläubigen an Beratungen und Entscheidungen fordert, der kann das nur ernsthaft vertreten, wenn er diese Art der Partizipation gerade nicht zeitlich befristet", so Lücking-Michel. Synodalität sei der Rahmen, in dem Macht- und Gewaltenteilung in der Kirche gestaltet werden könne.
Dem könne auch nicht das "Scheinargument" entgegengehalten werden, dass die Kirche keine Demokratie sei. Zwar sei die Kirche tatsächlich keine Demokratie. "Aber das heißt noch lange nicht, dass sie eine hierarchische, zentralistische Struktur behalten muss, wie wir sie heute erleben", so Lücking-Michel. Es gebe zwar Unterschiede, aber auch klare Gemeinsamkeiten zur parlamentarischen Demokratie. Anders als die durch Opposition und Gewaltenteilung ausgezeichnete Demokratie werde bei Synodalität ein größeres Augenmerk auf "gemeinsames Beten, gemeinsames Hören, gemeinsames Beraten, gemeinsames Entscheiden und gemeinsames Gestalten" gelegt. Wie in der Demokratie zeichne sich Synodalität dadurch aus, dass sie ein Prozess sei, in den alle Gläubigen ihre Geistesgaben einbringen könnten. Es gehe nicht um eine "Umverteilung von Macht nach dem Schema von Opposition und Regierung", sondern um eine Teilung von Macht.
"Hermeneutik des Obersten Sowjet"?
Lücking-Michel spricht sich daher für eine Verstetigung synodaler Strukturen in der Kirche in Deutschland aus. Dazu schlägt ihr Forum die Einrichtung eines ständigen "Synodalen Rats" vor, in dem Bischöfe und ZdK zu gleichen Teilen vertreten sind, und an dessen Entscheidungen sich die Bischöfe freiwillig selbst binden. Lücking-Michel favorisiert dabei eine "große" Lösung, in der alle derzeit 69 aktiven Diözesan- und Weihbischöfe sowie die gleiche vom ZdK bestimmte Anzahl an Laien vertreten sind, dazu sollen weitere von Bischöfen und ZdK zugewählte Mitglieder kommen. Dabei solle sowohl die Unabhängigkeit der Bischofskonferenz wie des ZdK gewahrt werden, die weiterhin in eigener Verantwortung in ihrem Verantwortungsbereich agieren können. Der Synodale Rat soll über "signifikante Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft" beraten. Außerdem sollen dort Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die "pastorale Planungen, Zukunftsfragen der Kirche und Haushaltsangelegenheiten betreffen".
Scharfe Kritik an dem Vorhaben äußerte in derselben Ausgabe der "Herder-Korrespondenz" der Passauer Politikwissenschaftler Mariano Barbato. Mit einem Synodalen Rat ende in Deutschland "die klerikale Herrschaftsordnung der Bischöfe, und die Zeit der Doppelherrschaft aus Laien und Klerikern" beginne. An die Stelle der weltkirchlichen Logik der Hierarchie, in der synodale Räte nur beratenden Charakter haben, trete "aus dem extralegalen Raum des Synodalen Wegs eine revolutionäre Machtstruktur neuen Typs heraus". Damit würden auch die Bischöfe auf "funktionale Vertreter des Klerus" reduziert. Um die vom Synodalen Weg angeregte Struktur zu verstehen, eigne sich daher besser "die Heuristik des Obersten Sowjet besser als die Analogie zum Parlament". Mangels einer Wahl durch die Basis führe die angestrebte Struktur zu einer "Sicherung der Oligarchie".
Das Synodalforum "Macht und Gewaltenteilung" hatte bei der Zweiten Synodalversammlung im September 2021 die Handlungstext "Gemeinsam beraten und entscheiden" sowie "Synodalität nachhaltig stärken: Ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland" vorgelegt. Darin wird die Einrichtung von synodalen Räten auf Ebene der Pfarrei und der Diözese sowie auf Bundesebene angestrebt. Beide Handlungstexte wurden angenommen. Bei der kommenden vierten Synodalversammlung sollen die Texte in zweiter Lesung behandelt werden. Aus den Reihen der Bischöfe gibt es zu dem Vorhaben unterschiedliche Einschätzungen. Während der Aachener Bischof Helmut Dieser einen Synodalen Rat für sein Bistum einführen will, spricht der Augsburger Bischof Bertram Meier skeptisch von einem "Wasserkopf-Effekt". (fxn)