Kein Konsens in Sicht
Soviel scheint nach den Äußerungen von Federico Lombardi, dem Leiter des vatikanischen Presseamtes, jedoch klar: Die 190 Bischöfe aus aller Welt sind sich noch uneins darüber, wie künftig mit Katholiken verfahren werden soll, die nach dem Scheitern ihrer kirchlichen Ehe ein zweites Mal zivil heiraten. Ein breiter Konsens oder gar ein konkretes Ergebnis sind noch nicht absehbar.
Es habe in der Debatte zwei Linien gegeben, erläuterte Lombardi vor Journalisten. Die eine habe mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, dass "mit Rücksicht auf die Lehre und in Treue zum Wort Gottes" eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion nicht möglich sei. Eine andere Linie habe - "ohne die Unauflöslichkeit der Ehe" infrage zu stellen - dafür plädiert, mit Barmherzigkeit und unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls vorzugehen. Nach geltender kirchlicher Lehre sind wiederverheiratete Geschiedene nicht zur Kommunion zugelassen. In der kirchlichen Praxis werden allerdings im Einzelfall auch jetzt schon Ausnahmen gemacht.
Vatikansprecher lässt keine Tendenz erkennen
Ob Befürworter oder Gegner in der Synode die Oberhand haben, lässt sich nach Lombardis Angaben gegenwärtig noch nicht feststellen. Auch auf eine Tendenz zu einer der beiden Positionen wollte er sich nicht festlegen. "Die Synode ist auf dem Weg."
Offenbar äußerten sich nicht nur Bischöfe aus westlichen Ländern. Es sei nicht allein ein europäisches Thema gewesen, so ein Beobachter, der die Debatte in der Synodenaula verfolgte. Diesen Eindruck scheint auch die vom Vatikan veröffentlichte Rednerliste zu stützen. Von den 46 Wortmeldungen am Dienstagnachmittag und Mittwochvormittag zum Kapitel "pastoral schwierige Situationen", zu denen die wiederverheirateten Geschiedenen gezählt werden, kamen weniger als die Hälfte aus Europa. Nach Aussage Lombardis wurde die Debatte sehr engagiert geführt. Der Leiter des Presseamtes sprach von einem "Crescendo der Leidenschaft". Aggressiv sei es jedoch zu keinem Zeitpunkt gewesen.
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Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, war unter den Rednern der Debatte. Er hatte am Montag vor Journalisten bekräftigt, dass die Mehrheit der deutschen Bischöfe den Vorschlag von Kardinal Walter Kasper befürworte, wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Voraussetzungen zur Kommunion zuzulassen. Über seine Äußerung vom Mittwoch wurde nichts bekannt. Auch der deutsche Kardinal Kasper selbst, der im Februar vor dem Kardinalskollegium einen Vorschlag für eine behutsame Änderung der kirchlichen Praxis vorgelegt hatte, sprach vor der Synode.
Ungerechter Stempel "Unbarmherzigkeit"?
Ebenfalls zu Wort meldete sich der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Er hatte mehrfach bekräftigt, dass er keinen Spielraum für eine Änderung der kirchlichen Praxis sehe, weil sonst das klare Zeugnis der Kirche gefährdet sei. Auch weitere prominente Verteidiger der offiziellen Praxis wie der Mailänder Kardinal Angelo Scola und der US-Kurienkardinal Raymond Leo Burke äußerten sich.
Ein salomonisches Schlusswort sprach der kanadische Bischof Paul-Andre Durocher am Ende der Pressekonferenz im Vatikan: Es sei "ungerecht", die Gegner einer Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion einfach als "unbarmherzig" abzustempeln, so der Bischof von Gatineau. Auch ihre Position sei ein Beitrag zur Barmherzigkeit. Umgekehrt gelte, dass auch die Barmherzigkeit schließlich zur Wahrheit führen müsse. Allen gehe es letztlich darum, den Willen Gottes zu erfüllen. Und: "Der Wille Gottes ist Barmherzigkeit und Gerechtigkeit". Die Debatte geht also weiter.