Die Päpste und der Frieden
Benedikt XV.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs, am 3. September 1914, wählt das Konklave Giacomo della Chiesa zum Papst. Sein Pontifikat fiel in den Ersten Weltkrieg. Bereits am 6. September wandte er sich deswegen in dem Schreiben "Ubi primum" an die kriegsführenden Nationen, forderte Frieden und beklagte, dass in diesem Krieg das Blut der Christen fließe. Im Juli 1915 sprach er in einem Schreiben von "grauenhaft nutzloser Schlächterei", immer wieder wandte er sich an die Kriegsparteien – vergeblich. Nach dem Krieg kritisierte er den Friedensvertrag von Versailles, der die Kriegsschuld einseitig den Deutschen und ihren Verbündeten zusprache. 1922 waren seine letzte Worte auf dem Sterbebett "Wir wollen unser Leben gern opfern für den Frieden der Welt."
Johannes XXIII.
" Pacem in terris " - "Über den Frieden auf Erden" hieß die von Johannes XIII. 1963 inmitten des Kalten Krieges veröffentlichte Enzyklika. Zwei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer und kurz nach der Kubakrise wandte er sich als erster Papst mit einer Enzyklika nicht nur an Katholiken, sondern an "alle Menschen guten Willens". Im Rundschreiben forderte er zu friedlichen Konfliktlösungen durch Verhandlungen und Verträge auf statt Konflikte durch Waffengewalt zu lösen. "Nicht ohne großen Schmerz", schrieb der Pontifex, der mit bürgerlichem Namen Angelo Guiseppe Roncalli hieß, sehe er das atomare Wettrüsten, dessen verhängnisvolle Logik er nicht akzeptieren wollte: Stattdessen sollten die gegnerischen Mächte abrüsten und Atomwaffen generell ächten. Das Ende des Kalten Krieges erlebte der 1963 an Krebs gestorbene Konzilspapst nicht mehr. Seine wegweisende Enzyklika und die Vision einer umfassenden gerechten Friedenspolitik haben die Kirche und die Welt aber geprägt.
Paul VI.
Johannes XXII. hatte die ganze Welt im Herzen – aber als Papst nicht viel davon gesehen. Nach 150 Jahren war Paul VI. der erste Papst, der italienischen Boden verließ. Mit einer Pilgerfahrt ins Heilige Land begründete er die neue Tradition von Papstreisen; sein Treffen mit Patriarch Athinagoras von Konstantinopel in Jerusalem bereitete die Aufhebung der seit 1054 bestehenden gegenseitigen Exkommunikation vor. Am 4. Oktober besuchte Paul VI. die UNO in New York: "Niemals mehr die einen gegen die andern, niemals, niemals mehr!", rief er den versammelten Vertretern der Völker zu: "Nie wieder Krieg" sollte der Antrieb der Vereinten Nationen sein. Wie sein Vorgänger forderte er Abrüstung und Solidarität unter den Nationen. Dazu brauche es aber ein geistliches Fundament: "Diese unverzichtbaren Prinzipien der höchsten Weisheit können nicht anders als auf Gott beruhen."
Johannes Paul II.
In das Pontifikat Johannes Paul II. fiel das Ende des kalten Kriegs. Den Umbruch in Polen prägte er wesentlich durch seine Unterstützung für die demokratische Opposition mit. Auf die friedliche Wende folgte jedoch nicht das "Ende der Geschichte" durch den weltweiten Sieg der freiheitlichen Demokratie, wie es der Politikwissenschaftler Francis Fukuyama angenommen hatte: Immer wieder hatte Johannes Paul II. Anlässe, sich deutlich gegen Kriege und für den Frieden auszusprechen. Das bekannteste Beispiel ist der Irak-Krieg. Noch hatte der polnische Papst die Hoffnung nicht aufgegeben, dass der Krieg noch zu verhindern sei. Am 16. März wandte er sich im Angelus-Gebet an die Weltgemeinschaft: "Es ist noch Zeit zum Verhandeln; es gibt noch Raum für den Frieden; es ist nie zu spät, um einander zu verstehen und die Verhandlungen fortzusetzen."
Doch die USA argumentierten anders: Der Irak bedrohe mit Massenvernichtungswaffen den Weltfrieden, ein Präventivkrieg sei daher gerechtfertigt, so die Meinung Amerikas. Der Appell des Papstes blieb ungehört. Am 20. März bombardierten die USA Ziele in Bagdad. Massenvernichtungswaffen wurden nach Kriegsende nicht gefunden. Schon im Januar hatte Johannes Paul II. vor dem diplomatischen Corps eine eindringliche Rede gehalten. Ein Zitat daraus, "Krieg ist immer eine Niederlage für die Menschheit", fand sich auf zahllosen Transparenten auf Friedensdemonstrationen, die gegen den völkerrechtswidrigen Krieg gegen Saddam Hussein protestierten.
Franziskus
Im Schatten des Petersdoms beteten Juden, Christen und Muslime nacheinander, aber im gemeinsamen Bewusstsein, "Kinder Abrahams" zu sein: Israels Staatschef Schimon Peres, Palästinenserpräsident Mahmut Abbas und der ökumenische Patriarch Bartholomaios I. waren im Juni 2014 auf Einladung von Papst Franziskus im Garten des Vatikan zusammengetroffen, um einen Olivenbaum als Zeichen des Friedens zu pflanzen. Zwei Wochen zuvor, während seiner ersten Heilig-Land-Reise, hatte der Papst mit starken Gesten zum Frieden aufgerufen: Ein Gebet an der Klagemauer, ein spontanes Gebet an der Grenzmauer zwischen dem Westjordanland und Israel – und die Einladung zum Friedensgipfel. Frieden erfordere eine Überwindung der Gewaltspirale, es brauche Geduld, ein "immer festeres Netz eines respekt- und friedvollen Zusammenlebens zu knüpfen, zur Ehre Gottes und zum Wohl aller", so der Papst. Ein Monat später eskaliert der schwelende Nahost-Konflikt wieder.
Von Felix Neumann