Kirche gehört ins Netz
Immer schnellere Übertragungstechnik, neue Endgeräte: Angesichts einer exponentiellen technischen Entwicklung werde das Internet der wichtigste Verbreitungskanal für Kommunikation. "Printprodukte werden sich nur halten, wenn sie einen Zusatznutzen bieten." Für Kallen bedeutet der Umstieg in die digitale Welt zugleich, völlig neue Inhalte zu entwickeln. "Wenn man nur seine Inhalte nimmt und auf eine andere Plattform stellt, wird man gar nicht reüssieren", sagte der Burda-Manager beim am Dienstag zu Ende gegangenen Katholischen Medienkongress in Bonn. Neue Medien brauchten neue Erzählformen. "Nur wenn man das beherzigt, kann man erfolgreich sein."
Steht das Ende der gedruckten Zeitung bevor? Rund 200 Journalisten und Medienexperten diskutierten in den Räumen der Deutschen Welle (DW) zwei Tage lang über die Zukunft kirchlicher Kommunikation. Die deutschen Bischöfe wollen sich im März auf einem Studientag mit dem Thema befassen. Die Fakten liegen auf dem Tisch: Auch die kirchlichen Medien befinden sich in einem dramatischen Umbruch. Die mehr als 20 katholischen Bistumszeitungen verlieren beständig an Auflage: Von 995.000 Exemplaren 2001 sank die Zahl der Exemplare auf mittlerweile nur noch 535.000.
Als erste Diözese hat das Bistum Essen im vergangenen Jahr seine Kirchenzeitung "RuhrWort" eingestellt und stattdessen das alle zwei Monate erscheinende Mitgliedermagazin " Bene " aus der Taufe gehoben. Mit dem Konzept der werbenden "Verteilzeitungen" experimentieren derzeit auch andere Bistümer - offen ist, ob sie die Kirchenzeitungen ersetzen oder ergänzen sollen. Kooperationen sichern vorerst die Fortexistenz mehrerer Bistumsblätter. Rund um die Verlagsgruppe Bistumspresse in Osnabrück mit ihren fünf angeschlossenen Verlagen hat sich die größte dieser Kooperationen gebildet.
Rufe nach einer bundesweiten Mitgliederzeitschrift
Erneut wurden auf dem Kongress Rufe nach einer bundesweiten Mitgliederzeitschrift der katholischen Kirche laut. Die Kirche vergeude mit mehr als 20 Bistumszeitungen ihre publizistische Kraft, meinten der Chefredakteur der "Saarbrücker Zeitung", Peter Stefan Herbst, und DW-Intendant Peter Limbourg. Auch der Eichstätter Medienwissenschaftler Christian Klenk forderte den Umstieg zu kirchlichen Mitgliederzeitschriften nach dem Beispiel etwa der ADAC-Mitgliederzeitschrift. Sie könnten auch distanzierte Katholiken erreichen.
Einhellig war der Ruf nach einer verstärkten Präsenz der Kirche in den Sozialen Netzwerken und generell im Internet. Das World Wide Web verändere die gesamte Kultur und die zwischenmenschlichen Beziehungen, sagte der aus Irland stammende Sekretär des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel in Rom, Paul Tighe. "Wenn wir dort nicht präsent sind, verlieren wir die ganze junge Generation."
Der irische Geistliche, der den Einstieg des Vatikan bei Social Media forcierte und maßgeblich dafür sorgte, dass auch Papst Benedikt XVI. seine Botschaften auf Twitter zu verbreiten begann, machte klar, dass die digitalen Medien einen dramatischen Wandel bei der Glaubensverbreitung und einen Machtverlust der Hierarchie bedeute.
Kritik an Google, Facebook und Co.
Die Kirche müsse ihre traditionellen Formen der Verkündigung, ihre Medien und ihre Sprache auf den Prüfstand stellen. "Das Modell der Predigt - einer redet, alle anderen sind passiv und hören zu - funktioniert im Internet nicht mehr", sagte er. Notwendig seien auch eine einfache Sprache und mehr visuelle Kommunikation. "Wir können uns nicht länger hinter theologischen Formeln verstecken."
Kritische Einwände kamen vom Eichstätter Medienforscher Klaus-Dieter Altmeppen. Sicher müsse die Kirche in den Sozialen Netzwerken stärker präsent sein, räumte er ein. Sie müsse sich aber gleichzeitig klar machen, dass Google, Facebook und Co. keinerlei Interesse an Inhalten hätten. Den Internetriesen gehe es ausschließlich darum, mehr über die Nutzer zu erfahren.
Von Christoph Arens (KNA)