Erzbischof Schick und weitere Christen distanzieren sich von den Islamkritikern

"Christen dürfen da nicht mitmachen"

Veröffentlicht am 19.12.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Gesellschaft

Bonn ‐ Einige deutsche Bischöfe und weitere Christen haben sich von den Islamkritikern der Pegida-Bewegung distanziert. Kurz vor Weihnachten gibt es auch eine Social-Media-Aktion.

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Er lehne ihre Aktionen "ohne Wenn und Aber" ab. Das Christentum predige Humanismus, gleiche Rechte und Würde sowie Gerechtigkeit und Frieden . Dies geschehe "nicht mit Demonstrationen", sondern durch einen "Dialog der Wahrheit und Liebe mit Andersdenkenden". Ähnlich äußerte sich der Erzbischof bereits am Morgen im Radiosender "Deutschlandfunk": "Christen dürfen da nicht mitmachen", sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz. Die Gesellschaft solle sich zwar mit vorhandenen Problemen beschäftigen und sie analysieren, "aber nicht in einer Situation und in einem Umfeld von diffusen Ängsten und Radikalisierungen".

"Unser Problem ist, dass das Christentum schwächer wird, und nicht, dass der Islam stärker wird", sagte Schick in seiner Predigt. Wenn sich das Christentum zurückziehe, entstehe ein Vakuum, das von Aberglaube oder religiös verbrämten Radikalen aufgefüllt werde. In Deutschland lebten viele Christen derzeit nicht in einer Situation von Advent und Weihnachten, also der Erwartung der Ankunft und Menschwerdung Gottes. "Wenn wir Weihnachten feiern als Nostalgie, mit gutem Essen und Trinken und dabei den lieben Gott einen guten Mann sein lassen, tragen wir zum Sterben des christlichen Glaubens bei."

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"'Pegida'? Nicht in unserem Namen!" Ein Video von der Redaktion "evangelisch.de".

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx , sagte der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA), dass einige Gruppen "im Blick auf die schrecklichen Ereignisse im Irak und in Syrien" Stimmung machen wollten. Die rechte Szene in Deutschland sei nicht kleiner geworden, so der Münchener Erzbischof. "Auf der anderen Seite gibt es tatsächlich islamistische Eroberungsrhetorik, da müssen Sie nur ins Internet schauen. Das befeuert sich gegenseitig." Deutsche Bürger müssten dem von radikalen Terroristen traumatisieren Flüchtlingen helfen. "Wer jetzt dagegen aufwiegelt, muss klar und deutlich in die Schranken gewiesen werden," so Marx.

Kirchen im Netz: Pegida spricht #NichtInMeinemNamen

Auch in den sozialen Netzwerken spielt die Debatte eine große Rolle: So startete die Redaktion von evangelisch.de am Mittwoch mit einem Video und dem Twitter Hashtag #NichtInMeinemNamen eine Aktion, die sich gegen die Behauptung von Pegida wendet, sie seien die Stimme der deutschen Gesellschaft und des christlichen Abendlandes. Seitdem verbreitet sich die Botschaft in sozialen Netzwerken. Auch Erzbischof Schick macht mit: Mit mehreren Mitgliedern seines Domkapitels und weiteren Mitarbeitern der Erzdiözese posteten sie auf Twitter und Facebook eine Fotomontage, auf der sie mit einem Schild mit #nichtinmeinemnamen abgelichtet sind.

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) teilt die Kritik an der Pegida-Bewegung. Nach den Worten von ZdK-Präsident Alois Glück müssen christliche und gesellschaftliche Verbände klar Positionen gegen Pegida beziehen. Die Gruppe und ihre Ableger beschwöre ein "Gespenst der Angst" herauf, sagte Glück am Dienstag der KNA. "Die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime respektiert die christlichen Werte und das Grundgesetz als Fundament des Zusammenlebens." Grundsätzlich sei eine Debatte um Werte und Identität wichtig für ein gelingendes Zusammenleben, ergänzte er. Aber Pegida schüre Ängste, für die es keine reale Grundlage gebe. Das Leitbild einer politischen Diskussion müsse immer vom Respekt vor anderen Kulturen und Religionen geprägt sein.

Weihbischof fordert sachliche Debatte

Bereits vergangene Woche hatten mehrere Bischöfe einen differenzierten Blick auf Pegida angemahnt. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode sagte, er habe in den Kirchengemeinden keine gewachsene Angst vor einer Islamisierung beobachtet. Der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke warnte davor, alle Teilnehmer der Pegida-Demonstrationen als Rassisten abzustempeln. Auch er forderte eine sachliche Debatte. "Vertrauen kann nur wachsen, wenn man miteinander redet", betonte Jaschke. Gerade die Kirche könne viele Beispiele anführen, in denen Muslime und Nichtmuslime friedlich und respektvoll im Alltag zusammenlebten.

Ähnlich sieht es der katholische Bischof von Dresden-Meißen, Heiner Koch: "Man muss kritisch hinterfragen, was eine so große Menschenmenge Woche für Woche montags auf die Straße treibt", erklärte er in der vergangenen Woche in Dresden. Dennoch bereiteten ihm die Demonstrationen Sorgen. So sei das Recht auf Asyl für Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte ein Grundrecht: "Dafür stehen wir uneingeschränkt." (mit Material von KNA)

Von Agathe Lukassek