In konservativer Mission

Zugleich ist Franz von Assisi eine populäre Figur . Für viele gilt er als Patron alternativen Lebens und des Naturschutzes. Seine "Aktualität" und "Modernität" besteht gerade darin, dass er auch bei vielen Menschen beliebt ist, die mit Kirche sonst nicht viel anfangen können, womöglich gar keine Christen sind.

"Franziskus von Assisi, Der Namenspatron des Papstes" von Helmut Feld.
Detaillierte Einordnung
Wer also war dieser Heilige? Das von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft neu aufgelegte, durch umfassende Quellenkunde bestechende biografische Werk von Helmut Feld "Franziskus von Assisi - Der Namenspatron des Papstes" bringt reichlich Aufschluss über diese Frage. Zudem bietet es eine detaillierte Einordnung in den politischen, wirtschaftlich-sozialen sowie theologisch-kirchenhistorischen Kontext.
Franziskus wurde um 1182 als Sohn eines reichen Tuchhändlers in Assisi im Herzen Italiens geboren. Er kannte keine Geldnöte und durchlebte eine "sorglose, freuden- und genussreiche Jugendzeit". Er führte ein geradezu ausschweifendes Leben und brachte ganze Tage und Nächte damit zu, "in der Stadt umherzuziehen und mit Fress- und Saufgelagen viel Geld durchzubringen."
"Baue mein Haus wieder auf"
Nach einer längeren Reise veränderte er sich aber plötzlich und begann sich für "die richtige religiöse Lebensweise" zu interessieren. Er ging zu einer halb zerfallenen Kirche, um dort vor dem auf Holz gemalten Bild des Gekreuzigten zu beten, und da sprach es zu ihm: "Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät." Fortan entschied er sich, nach der Form des heiligen Evangeliums zu leben.
Er trennte sich vom Geld und sagte sich von seinem Vater los. Dann legte er seine Schuhe, Stab und Beutel ab und machte sich eine Kutte aus grobem Stoff um, die durch einen Strick zusammengehalten wurde. Er bettelte um Essen und suchte den Kontakt zu Menschen, die an Lepra erkrankt waren. Das Widerwärtige sollte sich ins Angenehme verwandeln. So versuchte er, sein Empfinden "umzupolen" und eine "Umkehrung aller Werte" herbeizuführen.
Schwere Wundmale zugefügt
Einzigartig innerhalb der mittelalterlichen Kirche ist auch sein Naturverständnis. Es lässt sich leicht mit einem durch Albert Schweitzer berühmt gewordenen Ausspruch zusammenfassen: "Ehrfurcht vor dem Leben". Hierauf berufen sich heute vor allem ökologische Bewegungen. Doch Biograf Feld betont: "Die Ehrfurcht vor dem Leben und der Natur hat nichts mit romantischer, überquellender Begeisterung, auch nichts mit moderner Daseinsangst und Sorge um das Weiterbestehen des Planeten Erde zu tun." Denn nach Franziskus sind alle Geschöpfe der Natur, genauso wie die Menschen, der Erlösung durch Gott bedürftig.
Im hohen Alter soll sich Franziskus in seinem Streben nach vollkommener Angleichung an Jesus Christus schwere Wundmale zugefügt haben, die schwere Krankheiten nach sich zogen. "Nackt auf der Erde liegend wollte er sterben", und am Abend des 3. Oktober 1226 war seine "Schwester Tod" im Alter von nur vierundvierzig Jahren über ihn gekommen.
Konservative Mission
Franziskus von Assisi war ohne Zweifel eine singuläre Erscheinung des Mittelalters, die wohl in keine Schublade passt. Mehr durch sein Beispiel als durch Worte wollte er die Menschen zur Buße ermahnen und an die Gebote Gottes erinnern. Sein Ideal war die am Evangelium orientierte Lebensform. Es war keine revolutionäre, sondern eine höchst konservative Mission, mit der er das Alte bewahren wollte. So war er weder ein Sozial- noch ein Kirchenreformer im neuzeitlichen Sinne.
Dennoch beinhaltete sein Anliegen eine "profunde Kritik an dem Leben des Hochklerus" seiner Zeit. Vielleicht war sein Lebensweg ja gerade wegen seiner konsequenten Rückbesinnung auf die Ursprünge des Christentums so andersartig und neu. Die weise Namenswahl von Jorge Mario Bergoglio zu Papst Franziskus steht ganz in dieser Tradition.
Von Heiko Liepert (KNA)