Bischof würdigt Karlspreisträgerinnen: Gegenentwurf zur "Diktatur in Belarus"

Traurig und beschämt: Dieser kritisiert Ja von Kyrill zu Ukraine-Krieg

Veröffentlicht am 26.05.2022 um 10:19 Uhr – Lesedauer: 

Aachen ‐ "Es gibt kein christliches Imperium!", betonte der Aachener Bischof Helmut Dieser in Richtung des Moskauer Patriarchen Kyrill. Der Patriarch verlasse damit die christliche Ökumene. Die Botschaft der Auferstehung Jesu stehe immer gegen jede Diktatur.

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Der Aachener Bischof Helmut Dieser verurteilt die Unterstützung des Moskauer Patriarchen Kyrill I. für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er bezeichnete es am Donnerstag während eines Gottesdienstes im Aachener Dom als "traurig und beschämend", dass das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche das imperialistische Konzept einer "russischen Welt" religiös verbräme. Kyrill I. versuche, den Krieg gegen alle, die sich aus dieser "russischen Welt" lösen wollten, als berechtigt erscheinen zu lassen. "Mit dieser Positionierung verlässt der russisch-orthodoxe Patriarch in meinen Augen die christliche Ökumene", so der Aachener Bischof.

"Es gibt kein christliches Imperium!", betonte Dieser. Die Botschaft von der Auferstehung Jesu stehe immer gegen jede Diktatur. Die Europäische Union lerne gerade "in tiefer und brutaler Erschütterung, wie gefährdet ihre Werte und Errungenschaften sind".

Kyrills Äußerungen zu Russlands Angriffskrieg auf Linie des Kreml-Chefs Wladimir Putin sorgen international seit Wochen für Empörung. Der Patriarch rechtfertigte den Militäreinsatz als "metaphysischen Kampf" des Guten gegen das Böse aus dem Westen. Seit Jahren propagiert er eine "russische Welt", zu der auch die Ukraine gehöre.

Karlspreisträgerinnen gewürdigt

Der Bischof würdigte den Einsatz für die Demokratie durch die Bürgerrechtlerinnen Swetlana Tichanowskaja, Veronika Zepkalo und Maria Kolesnikowa im ukrainischen Nachbarland Belarus. Die Frauen, die an dem Gottesdienst teilnahmen, werden im Anschluss mit dem diesjährigen Internationalen Karlspreis geehrt. Da Kolesnikowa in Belarus inhaftiert ist, reiste ihre Schwester Tatsiana Khomich nach Aachen. Dieser zeigte sich überzeugt, dass der Bürgerrechtsbewegung die Zukunft gehöre. Sie sei ein Gegenentwurf zur Diktatur unter Machthaber Alexander Lukaschenko. "Sie füllen das Nichts, die Leere und die Sinnlosigkeit, die der Diktator mit seiner Brutalität überdeckt und die der Angriffskrieg gegen die Ukraine mit unsäglichen Lügen und Propagandagewalt kaschiert."

Der belarussische "Langzeitherrscher" Alexander Lukaschenko habe "die Wahlen gefälscht und jede Opposition mit brutaler Unterdrückung, Willkür, Folter und drakonischen Gefängnisstrafen überzogen", beklagte Dieser. Dagegen stünden die drei Bürgerrechtlerinnen "für die demokratischen Kräfte von Belarus, denen die Zukunft gehört". Es gehe um europäische Werte wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Europa stehe "nicht für Eroberung und Sieg über andere, sondern für das Wohlwollen für andere".

Tichanowskaja, Kolesnikowa und Zepkalo zählen zu den bekanntesten Gesichtern des gewaltfreien Widerstands gegen Lukaschenko, dem Wahlbetrug vorgeworfen wird. Nun sind sie mit dem Karlspreis als eine der bedeutendsten europäischen Ehrungen gewürdigt worden. Die Auszeichnung wird seit 1950 an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben, die sich um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Namensgeber ist Kaiser Karl der Große (742-814). Er gilt als erster Einiger Europas und wählte Ende des achten Jahrhunderts Aachen zu seiner Lieblingspfalz. 2021 erhielt Rumäniens Präsident Klaus Iohannis den Karlspreis. (cbr/KNA/epd)