Die CDU-Mitglieder müssen dem "C" ein Gesicht geben
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Während die katholische Bubble noch über die Deutung der 27.000 Teilnehmenden beim Katholikentag und daraus erwachsende Konsequenzen diskutiert, deutet sich im politischen Berlin eine ganz andere Zäsur an: Die CDU gibt sich eine neue Grundwertecharta – im Wissen, dass das einende Band der Taufe auch bei Mitgliedern und Wählern nicht mehr zieht, wenn die Kirchen weiter an Boden verlieren. Selbst das C sollte nach der Analyse in Folge der verlorenen Bundestagswahl 2021 fallen.
Dabei machte über viele Jahrzehnte das C die CDU zur Volkspartei. Wer meint, man müsse um die Volkspartei als Prämisse kämpfen, irrt. Sie wird es, wenn es einer Partei gelingt, verschiedene Strömungen in einer Gesellschaft zu vereinen. 1978 war das so. Gerade frisch in der Opposition, formulierte damals die Parteispitze ein erstes Grundsatzprogramm für die CDU, das konservative, liberale und soziale Strömungen vereinte. Als Band dafür diente das christliche Bild vom Menschen. Drei Grundsatzprogramme später hat sich die Welt gedreht. Heute muss die Partei Heimat mit Globalisierung, Solidarität mit individueller Freiheit ebenso vereinen als auch, Aufstiegschancen mit work-life-balance und Ökologie mit Wirtschaft. Das ist nicht zuerst konservativ oder bürgerlich, sondern christlich. Und wird zur echten Brandmauer nach rechts.
Spätestens jetzt gilt: Die CDU eint nicht mehr die Taufe der Mitglieder, sondern das Evangelium für die Ideen. Oder besser gesagt das, was sich daraus für das christliche Bild vom Menschen für eine gute Politik im kommenden Jahrzehnt ableiten lässt.
Doch so wenig, wie Manschettenknöpfe noch nicht den Konservativen machen, so wenig kann ein Kreuzerlass christliches Handeln proklamieren. Jetzt kommt es auf den Mut der Mitglieder an, dem C ein Gesicht zu geben und durch das eigene Handeln den Ideen Glaubwürdigkeit zu verleihen. Nicht, weil alle Christen sie dann noch wählen. Sondern weil die Haltung aus dem C das scheinbar Gegensätzliche verbindet und damit die Spaltung der Gesellschaft vermindert. Dies hat die CDU nicht für sich gepachtet. Aber mit ihrer Geschichte taugt das C künftig nicht zum eigenen Gründungsmythos, sondern für konkrete Ansätze im politischen Streit der nächsten Jahre. Und lebendige Debatten auf dem nächsten Katholikentag.
Der Autor
Thomas Arnold ist Leiter der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen und Mitglied in der Grundwerte-Kommission zur Erstellung des CDU-Grundsatzprogramms.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.