Kardinal Sarah: Westen will kein anspruchsvolles Evangelium mehr
Kardinal Robert Sarah wirft dem Westen vor, kein anspruchsvolles und radikales Evangelium mehr zu wollen. Der Ruf der heutigen Welt versuche "auf alle weltlichen Weisen, uns davon zu überzeugen, dass das Leben nur dann schön ist, wenn wir das Kreuz nicht annehmen", predigte der Kardinal an Pfingstmontag anlässlich des Gedenktages Maria Mutter der Kirche in Bonn. "Ihr wollt ein Evangelium ohne Kreuz, ein flüssiges Evangelium, ohne die Forderung radikaler Umkehr", so Sarah: "Das eigentliche Unglück unserer Zeit ist nicht der Mangel an Geld, an Nahrung oder materiellen Gütern, sondern diese Gottlosigkeit. Die eigentliche Armut ist dieser Mangel, diese Gottesfinsternis der modernen Gesellschaft, unsere vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber Gott und seinen moralischen Lehren."
Wer wirklich reich werden wolle, müsse Christus an seiner Existenz teilhaben lassen. "Umarmen wir das Kreuz, und unser Leben wird eine umfassende und wahre Antwort auf unsere christliche Berufung geben", betonte Sarah in der Predigt, die in deutscher Sprache durch den Bad Godesberger Ortspfarrer vorgetragen wurde. Ein christliches Leben müsse auf drei Pfeiler aufgebaut werden: "Crux, hostia et virgo, auf das Kreuz, die Eucharistie und die Jungfrau Maria", so Sarah. Der Christ, der sein Leben nicht auf diese Pfeiler stelle, sei dem Ruf der Welt ausgesetzt.
Robert Sarah war von 2014 bis 2021 Präfekt der Gottesdienstkongregation. Während seiner Amtszeit kam es zu Spannungen mit dem Papst aufgrund von unterschiedlichen Vorstellungen zur Ordnung der Liturgie, etwa mit Blick auf die Zelebrationsrichtung oder die Übersetzung liturgischer Bücher. Der Kardinal betont aber, kein Gegner des Papstes zu sein. Auch nach seiner Emeritierung als Präfekt äußert sich Sarah regelmäßig zu Fragen der Entwicklung der Kirche. Mit Blick auf den Synodalen Weg in Deutschland sagte der Kardinal im vergangenen Jahr, manche würden "zum Verrat verleitet, indem sie das Schiff verlassen, um den modischen Mächten zu folgen". Systemische Ursachen für Missbrauch in der Struktur der Kirche weist er zurück. Nach Angaben der Pfarrgemeinde St. Marien und St. Servatius in Bonn-Bad Godesberg hielt sich Sarah aus Anlass einer privaten Familienfeier über Pfingsten in Deutschland auf. Dabei feierte er auch einige öffentliche Gottesdienste. (fxn)