Leiter von Münsteraner Missbrauchsstudie kritisiert Höffner-Kreis
Vor der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens für das Bistum Münster äußert sich Studienleiter Thomas Großbölting kritisch zum Namen des Kardinal-Höffner-Kreises christlicher Bundestagsabgeordneter. Der frühere Bischof von Münster und spätere Kölner Kardinal Joseph Höffner (1906-1987) sei seiner Verantwortung nicht gerecht geworden, sagte der Historiker von der Universität Hamburg am Freitag dem WDR. "Und das würde dann auch bedeuten, dass diejenigen, die heute den Kardinal-Höffner-Kreis betreiben, sich ernsthaft damit beschäftigen sollten, ob man den Namen nicht ablegt", so Großbölting. Die Gruppierung hatte eine Debatte über dieses Thema bereits angekündigt.
Weiter forderte Großbölting mehr Einsatz der Politik für Missbrauchsbetroffene. "Es wäre meines Erachtens gut, wenn sich die Politik, wie zum Beispiel in Irland, es sich zur Aufgabe machen würde, stärker in diesen Aufarbeitungsprozess einzugreifen", sagte der Historiker. Für die vielfältige Gruppe der Betroffenen sei es schwierig, ihre Positionen gegenüber einer Institution durchzusetzen, die seit 2.000 Jahren ihre Interessen vertrete. Betroffene hätten sich zu Anwälten ihrer eigenen Sache gemacht, "mit der Öffentlichkeit zusammen, aber mit wenig Unterstützung der Politik".
Forschende der Universität Münster legen am Montag unter Federführung der Historiker Großbölting und Klaus Große Kracht eine Aufarbeitungsstudie zu sexuellem Missbrauch durch Geistliche im Bistum Münster vor. Die Untersuchung behandelt auch die Frage, wie kirchliche Führungskräfte mit Missbrauchsfällen umgingen. Bereits Ende 2020 präsentierte das Forschungsteam Zwischenergebnisse. Demnach zeigten frühere Bistumsleiter, darunter auch Bischöfe, große Milde für Missbrauchstäter sowie "massives Leitungs- und Kontrollversagen". Das Bistum Münster hatte die Studie in Auftrag gegeben und den Forschenden zugleich Unabhängigkeit zugesichert. Anders als andere Diözesen entschied sich Münster gegen ein juristisch angelegtes Gutachten wie in Köln oder München, sondern beauftragte das Team aus vier Historikern und einer Ethnologin. (tmg/KNA)