Sachsens Ministerpräsident Kretschmer beim Papst
Papst Franziskus hat am Freitag den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer in Audienz empfangen. Begleitet wurde der CDU-Politiker von der Vorsitzenden des Katholikenrates im Bistum Dresden-Meißen, Martina Breyer. Es sei ein sehr konzentriertes und tiefgründiges Gespräch mit dem Kirchenoberhaupt gewesen, berichtete Kretschmer im Anschluss vor Journalisten.
Ein Thema sei der Krieg in der Ukraine gewesen; aber auch über das Reformprojekt Synodaler Weg der Kirche in Deutschland habe man gesprochen. Insgesamt erlebte Kretschmer den Papst als "aufgeweckte, bescheidene und humorvolle Person - mit großer Kraft und dem Willen, Dinge zu gestalten".
Dem Kölner Internetportal domradio.de sagte er am Abend, Franziskus sei "eine beeindruckende Persönlichkeit, die wirklich sehr gut informiert und vor allen Dingen bereit ist, Verantwortung ganz unmittelbar zu übernehmen." Sehr klar und eindeutig seien seine Einlassungen zum Ukraine-Krieg: "Die russische Seite hat diesen Krieg begonnen und sie trägt auch die Verantwortung. Sie muss ihn auch beenden."
Bei Synodalem Weg sei viel Kommunikation nötig
Zum katholischen Reformprojekt Synodaler Weg sagte der Ministerpräsident, der selbst evangelisch ist, man spüre in Rom: "Es wird nicht verstanden, was da die deutschen Katholiken genau vorhaben." Hier sei ganz viel Kommunikation nötig: "Es gibt gerade beim Papst natürlich den gleichen Willen und den gleichen Wunsch, dass diese Missbrauchsfälle geklärt werden und dass so etwas nie wieder passiert. Es gibt den Wunsch, dass es eine lebendige Kirche ist. Ich glaube, man liegt nicht weit auseinander, aber es braucht das Gespräch, um mehr Verständnis zu erzeugen füreinander."
Die Vorsitzende des Katholikenrates hatte vor der Begegnung angekündigt, mit Franziskus über die Lage der Kirche in Deutschland und den Synodalen Weg sprechen zu wollen. Dazu kam es zeitlich bedingt nicht. Sie sprach stattdessen mit ihm über Umweltschutz und die Enzyklika "Laudato si". Diese wirke und komme bis zur Basis an, so Breyer. Es sei ihr wichtig gewesen, dies dem Papst persönlich mitzuteilen.
Die Delegation aus Sachsen war bereits am Donnerstag nach Rom gereist. Ministerpräsident Kretschmer führte Gespräche zur Regionalpartnerschaft zwischen Sachsen und der Region Latium. Mitgereist war auch Dresdens Bischof Heinrich Timmerevers, der in der kommenden Woche Franziskus trifft. Am Donnerstagabend hatte Timmerevers eine Messe zum Patronatsfest seines Bistums in der deutschsprachigen Gemeinde Santa Maria dell'Anima gefeiert.
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Zuvor hatten die Sachsen-Vertreter den deutschen Kinderschutzexperten und Jesuiten Hans Zollner getroffen. Gegenstand des Gesprächs sei die Aufarbeitung von kirchlichen Missbrauchsfällen gewesen. Zollner kritisierte den zögerlichen Umgang der Kirche mit dem Thema. Kirchenverantwortliche hätten "noch immer nicht begriffen, dass es sich um eine Zukunftsfrage handelt". Zugleich mahnte der Jesuit mehr Transparenz an.
Bei den öffentlichen Äußerungen von Kirchenseite zu Missbrauch sieht Zollner großen Verbesserungsbedarf. Eine seiner größten Sorgen sei, "dass immer nur vom 'Wir' gesprochen wird und kaum vom 'Ich', wenn es um die Übernahme von Verantwortung geht", sagte Zollner. Deswegen komme es nicht zu personellen Konsequenzen. Es müsse jedoch "alles auf den Tisch". Zugleich forderte er eine andere Haltung, nicht nur das Erfüllen von Präventionsstandards. "Bei den Leitlinien sind wir gut aufgestellt, aber das allein ändert nichts daran, ob wir uns den Betroffenen und ihren Anliegen wirklich öffnen", sagte Zollner: "Das müssen wir wollen, vom Bischof bis zum Gemeindemitglied."
In Italien sei der sexuelle Missbrauch ebenso wie in anderen Erdteilen noch immer kein gesellschaftliches Thema, sagte er. Er rechne daher in der katholischen Kirche, aber auch in den protestantischen Kirchen wie in anderen Religionen noch mit Jahren oder Jahrzehnten der Auseinandersetzung.
Timmerevers sagte im Anschluss, "noch in diesem Jahr" werde sich eine gemeinsame Aufarbeitungskommission für die Bistümer Dresden-Meißen und Görlitz sowie das Erzbistum Berlin konstituieren. Bereits Ende Januar hatte Dresden-Meißen dies für das Frühjahr 2022 angekündigt. Die Einrichtung solcher Kommissionen hatten die deutschen Bischöfe im Juni 2020 mit dem früheren Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, vereinbart. (rom/KNA/epd)
18.6., 9:30 Uhr: Ergänzt um Äußerungen von Kretschmer.