Berliner Generalvikar: Katholisches Arbeitsrecht braucht Reform
Die laufende Reform des katholischen Arbeitsrechts in Deutschland ist nach den Worten des Berliner Generalvikars Manfred Kollig dringend notwendig. Die bisherige Grundordnung sei "zu sehr an der persönlichen Lebensführung der Mitarbeitenden festgemacht", erklärte der Verwaltungschef des Erzbistums Berlin am Samstag in Berlin. Bei einer Tagung über "Religionspolitische Reformperspektiven für die Kirchen" erklärte der Ordensmann, dass etwa Mitarbeitende, die in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben, dies verheimlichten, um eine Kündigung wegen des Verstoßes gegen katholische Normen zu verhindern. Zu deren Einhaltung sind sie aus Loyalitätsgründen verpflichtet.
Eine solche Situation beeinflusse das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer negativ, sagte Kollig, der an der Reform der Grundordnung mitwirkt. Zwar gebe es oft Einzelfalllösungen zugunsten der Betroffenen, "aber dies verführt zu Entscheidungen nach Gutsherrenart", räumte der Generalvikar ein. Die Kirche müsse lernen, "zu ihrem Ideal zu stehen und zugleich damit umzugehen, dass kein Mensch ideal ist". Die neue Grundordnung werde deshalb "kein Dokument über moraltheologische Lehren der Kirche". Sie werde die Dienstgeber stärker in die Pflicht nehmen, selbst dazu beizutragen, dass der christliche Charakter ihrer Einrichtungen deutlich werde. Kollig betonte: "Die Zeichen stehen gut, dass wir eine solche Grundordnung hinbekommen."
Die Berliner Caritas-Direktorin Ulrike Kostka betonte, es gehe nicht nur um eine Änderung der rechtlichen Grundlagen, sondern auch um deren Umsetzung in die Unternehmenskultur. Ein wichtiger Punkt sei dabei der Umgang mit Mitarbeitenden, die aus der Kirche austreten. Dies komme auch bei "zutiefst christlichen" Menschen vor, die an der Kirche wegen deren Umgang mit Fällen von sexualisierter Gewalt verzweifelten. Der Bochumer Arbeitsrechtler Jacob Joussen berichtete, dass auch die evangelische Kirche ihre Loyalitätsrichtlinien überprüft. Dies erfolge vor allem auf Druck des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach das Verhältnis zwischen Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und den individuellen Freiheitsrechten ihrer Mitarbeitenden neu bestimmt werden müsse. (KNA)