Papst Franziskus zieht positive Zwischenbilanz seiner Reformen
Papst Franziskus zieht eine positive Zwischenbilanz seiner Reformen an der Spitze der katholischen Kirche. Die von ihm nach knapp neun Jahren Vorarbeit durchgesetzte Reform der vatikanischen Kurie habe er auf Wunsch des Kardinalskollegiums in Gang gesetzt, betonte der Papst. Er äußerte sich in einem am Freitag veröffentlichten Interview der argentinischen Nachrichtenagentur "Telam".
"Ich habe all das aufgenommen, was die Kardinäle in den Diskussionen unmittelbar vor dem Konklave gesagt haben", so der 85-Jährige. Nichts davon seien bloß seine eigenen Ideen gewesen. Ein Beispiel sei die Reform der Kurie, die derzeit mit der Apostolischen Konstitution "Praedicate Evangelium" umgesetzt werde. Sie helfe der Kirche, missionarisch zu werden und das Wort Gottes zu verkünden. All dies sei vor dem Hintergrund der besonderen Erfahrungen der Kirche in Lateinamerika geschehen, betonte der aus Argentinien stammende Papst. In Lateinamerika sei die Kirche stets "nahe am Volk" gewesen. Die Kirche habe in dem Augenblick ihr eigentliches Wesen verloren, als das Volk sich in ihr nicht mehr ausdrücken konnte.
Weiter sprach Franziskus über "vier Sünden der Medienkommunikation". Diese seien Desinformation, Verleumdung, Diffamierung und die Lust am Skandal, sagte der Papst. "Kommunikation ist etwas Heiliges" und müsse daher mit "Ehrlichkeit und Authentizität" erfolgen, so Franziskus. Kommunikation bedeute in erster Linie, "sich gut einzubringen". Den Medien empfahl er, eine gesunde Objektivität. "Um ein guter Kommunikator zu sein, muss der Kommunikator ein korrekter Mensch sein," betonte er.
Verzerrte Gedanken?
Er selbst müsse sehr vorsichtig sein, dass die Medien seine Gedanken nicht verzerrten, sagte der Papst. Das habe er etwa mit Blick auf seine Äußerungen über den Ukraine-Krieg gemerkt. Diese seien in manchen Medien so transportiert worden, als habe er die Aggression des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht verurteilt. In Wahrheit habe er etwas anderes sagen wollen: "In Wirklichkeit ist der Kriegszustand etwas viel Umfassenderes, Ernsteres, und darin gibt es weder Gute noch Böse. Wir sind alle involviert, das müssen wir lernen."
Franziskus sprach sich zudem für eine Änderung der Lehre vom gerechten Krieg aus. "Ich glaube, es ist an der Zeit, die Idee des gerechten Kriegs zu überdenken", sagte er. Zwar gebe es das Recht, sich zu verteidigen, erklärte Franziskus. Aber wenn ein Konflikt mit einem Krieg gelöst werde, verzichte man auf die grundlegende menschliche Fähigkeit, Angelegenheiten im Dialog zu klären. Nur im Dialog und mit gemeinsamem Handeln sei es möglich, einen Ausweg aus dem Krieg zu finden. Kritisch äußerte sich der Papst über die Schwäche der Vereinten Nationen. Trotz aller Bemühungen seien sie nicht in der Lage sich durchzusetzen. Schuld daran sei ihre derzeitige Verfassung, die der Organisation zu wenig Macht gebe. Nötig seien daher Mut und Kreativität. "Ohne diese beiden Dinge werden wir keine internationalen Institutionen haben, die uns helfen können, blutige Konflikte zu überwinden."
Die Lehre vom gerechten Krieg geht zurück auf den Kirchenvater Augustinus (354-430). Demnach ist ein Krieg gerechtfertigt, wenn er den Frieden wiederherstellen und den Gegner nicht vernichten oder berauben soll. Es muss ausreichend Aussicht auf Erfolg bestehen; alle anderen Mittel müssen ausgeschöpft sein. Zudem dürfen die Schäden nicht größer werden als das zu beseitigende Übel. (tmg/KNA)