Nach Missbrauchsstudie: Bischof-Tenhumberg-Stiftung wird umbenannt
Die Münsteraner Bischof-Heinrich-Tenhumberg-Stiftung soll in Kürze umbenannt werden. Wie das Bistum Münster am Dienstag mitteilte, sei der Vorstand der "einhelligen Ansicht", dass der Name geändert werden müsse. Auch wenn ein neuer Name noch nicht feststehe, soll die Umbenennung bereits in der nächsten Sitzung des Stiftungsvorstands beschlossen werden. Die Veröffentlichung der Münsteraner Missbrauchsstudie Mitte Juni habe den Vorstand in dem bereits vorher gefassten Vorhaben bestärkt. Die in erstmals historisch aufgearbeiteten Informationen über das Versagen des Bischofs in der Ahndung priesterlicher Übergriffe und insbesondere in einem zugewandten, angemessenen Umgang mit den davon Betroffenen schließe eine Beibehaltung des Stiftungsnamens aus, sagte die Stiftungsvorsitzende Sigrun Schnieders.
Die Stiftung solle künftig einen "das Stiftungsanliegen in den Mittelpunkt rückenden" Namen erhalten. Die Stiftung ist der Unterstützung von Familien und Alleinerziehenden in Notlagen, die als Folge einer Schwangerschaft entstehen können, gewidmet. Die Umbenennung solle auch "den Betroffenen einen Umgang mit der Stiftung ermöglichen", so Schnieders.
Skandalvermeidung statt Aufklärung und Prävention prägten das Leitungshandeln
Schon vor Veröffentlichung der Studie der Universität Münster zu Missbrauch in der westfälischen Diözese gab es Vorwürfe und Erkenntnisse zum Leitungsversagen von Bischof Heinrich Tenhumberg (1969 bis 1979) im Umgang mit Missbrauch. Bereits der im Dezember 2020 veröffentlichte Zwischenbericht hatte unter anderem Tenhumberg große Milde gegenüber straffällig gewordenen Priestern attestiert. Die nun veröffentlichte fertige Studie stellte fest, dass unter Tenhumberg Aufklärungspflichten vernachlässigt, Anzeige- und Informationspflichten nicht erfüllt und Täter in mehreren Fällen nicht wie vorgeschrieben sanktioniert wurden. Trotz bekanntem Gefahrenpotential seien neue Taten nicht verhindert worden. Im Umgang mit Betroffenen habe der Schwerpunkt auf Skandalvermeidung gelegen.
Als Reaktion auf die Studie kündigte das Bistum unter anderem an, in unmittelbarer Nähe ihrer Gräber auf das Fehlverhalten der verstorbenen Diözesanbischöfe hinzuweisen. Bis eine passende Form in Zusammenarbeit mit Missbrauchsbetroffenen gefunden sei, solle die Bischofsgruft im Münsteraner Dom geschlossen bleiben. In der Bischofsgruft unterhalb des Südturms sind die Bischöfe Michael Keller (1947-1961), Tenhumberg und Reinhard Lettmann (1980-2008) begraben, die durch das Gutachten schwer belastet werden.
Die Tenhumberg-Stiftung wurde 2000 vom damaligen Münsteraner Bischof Reinhard Lettmann gegründet. Ihr Ziel ist Unterstützung und finanzielle Hilfe für Frauen und Familien, die in Folge einer Schwangerschaft in soziale Not geraten sind. Tenhumberg hatte 1970 einen bischöflichen Hilfsfonds zum selben Zweck sowie 1973 eine "Kommission zum Schutze des ungeborenen Lebens" ins Leben gerufen. Die heutige Stiftung wurde aus Kirchensteuermitteln mit einem Kapital von rund einer halben Million Euro ausgestattet. Unterstützung aus den Erträgen der Stiftung können bei den kirchlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen im Bistum Münster beantragt werden. (fxn)