Hochschulfrage "zusätzlicher Ballast" in Kölner Wirren

Bonner Stadtdechant sieht keine Rechtfertigung für Woelki-Hochschule

Veröffentlicht am 07.07.2022 um 13:19 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken kann nicht nachvollziehen, wozu es Kardinal Woelkis Kölner Hochschulneugründung braucht. Er befürchtet mehr Streit im Erzbistum – und Belastungen im Staat-Kirche-Verhältnis.

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Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken sieht keine nachvollziehbare Rechtfertigung für die von Kardinal Rainer Maria Woelki gegründete "Kölner Hochschule für Katholische Theologie" (KHKT). Picken unterstützt laut einer Mitteilung des Stadtdekanats vom Donnerstag den Dekan der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn, Jochen Sautermeister, der sich zuvor kritisch zur KHKT geäußert hatte. "Die Bonner Theologische Fakultät ist Teil der Exzellenzuniversität in Bonn. Sie ist personell gut aufgestellt und akademisch profiliert. Es ist nicht erkennbar, wieso es für die Ausbildung der Theologen im Erzbistum Köln dazu eine Alternative braucht", betonte Picken und forderte die von Woelki zugesagte Diskussion über die Zukunft der KHKT "zeitnah". Es bestehe die Gefahr, dass die Diskussion über die Hochschule das Erzbistum noch weiter polarisieren könne und zu Unverständnis in der Öffentlichkeit führe. "Wir können im Erzbistum Köln keine weiteren atmosphärischen Belastungen gebrauchen. Es braucht eine Konzentration auf vorhandene Fragen und Probleme. Da erscheint die Hochschulfrage als zusätzlicher Ballast", betonte Picken.

Der Stadtdechant hält es für fragwürdig, ob das Erzbistum Köln die Existenz der KHKT nachhaltig sicherstellen kann. Zu den hohen Kosten komme der Mangel an theologischem Lehrpersonal im deutschen Sprachraum. "Bis die kirchliche Hochschule in Köln die akademische Qualität und das theologische Know-how der Bonner Fakultät erreicht hat, werden Jahre ins Land ziehen, wenn es denn überhaupt so weit kommt", befürchtet Picken. Angesichts zurückgehender Finanzmittel und extremer Sparzwänge für alle Bereiche des kirchlichen Lebens müsse gefragt werden, ob der mit der privaten Hochschule verbundene Aufwand verantwortbar sei.

Neben Kosten und Qualität der Lehre müsse auch die Einbindung in eine Volluniversität bei der Klärung der Standortfrage berücksichtigt werden. "Eine Isolation der Theologenausbildung sendet die falschen Signale, denn theologische Hochschulen entwickeln sich schnell zu einer kirchlichen Blase", erläuterte der Stadtdechant. Die zukünftigen Priester, Pastoralreferenten und Religionslehrer brauchten eine Offenheit für die Welt. Dafür sei das Studium an einer Gesamtuniversität mit der Verbindung zu anderen Fakultäten und Studierenden wichtig.

Konkordat sieht Bonn als Standort für die Ausbildung der Kölner Geistlichen vor

Dekan Sautermeister hatte am Vortag auf die Absicherung der Fakultät durch das Preußische Konkordat und die Finanzierung durch den Staat hingewiesen. Mit Blick darauf zeigte sich Picken besorgt über mögliche Belastungen des Verhältnisses von Staat und Kirche. "Das Erzbistum Köln kann kein Interesse daran haben, die Existenz der theologischen Fakultät in Bonn zu gefährden. Zu riskieren, dass der Staat sich wegen einer einseitigen Vertragsverletzung der Kirche gerechtfertigt sieht, die Existenz der theologischen Fakultät an der Bonner Universität nicht weiter sicherstellen zu müssen, könnte eine Fehlentscheidung historischen Ausmaßes sein", so Picken. "Es braucht dringend eine verbindliche Klärung mit dem Staat, gegebenenfalls auch unter Einbeziehung des Vatikans, ob diese Planungen und Entwicklungen mit dem Konkordat vereinbar sind, bevor es im Erzbistum Köln zu Beratungen und weitreichenden Entscheidungen kommt", forderte der Stadtdechant. Schon das Bonner Priesterseminar "Redemptoris Mater", an dem die Kölner Mitglieder des Neokatechumenalen Wegs studieren, werfe die Frage nach einem möglichen Bruch des Konkordats auf. Im heute noch weitgehend gültigen Preußischen Konkordat von 1929 vereinbarte der Freistaat Preußen mit dem Heiligen Stuhl, dass die Bonner katholisch-theologische Fakultät "für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen" bestehen bleibt.

Die Finanzierung der KHKT ist noch unklar. Laut den aktuellen Wirtschaftsplänen des Erzbistums hat sie einen Finanzbedarf von 3 Millionen Euro pro Jahr, ursprünglich wurden 1,2 Millionen Euro angesetzt. Eine staatliche Finanzierung der Kölner Hochschule gibt es nicht. Mit Blick auf die hohen finanziellen Verpflichtungen des Erzbistums für die KHKT hielt Sautermeister es für wichtig, "dass Bedarf sowie spezifische Ausrichtung und Zielsetzung klar erkennbar sind".

Anfang Mai hatte bereits der Rektor der Universität Bonn, Michael Hoch, sein Unverständnis über die KHKT geäußert. Hoch sicherte der Bonner Fakultät "mit großem Nachdruck" Unterstützung zu – unabhängig davon, "wie sich die Dinge entwickeln werden". Er hoffe, dass diese Verpflichtung seitens der Universitätsleitung auch von der Erzdiözese als Chance betrachtet werde, Herausforderungen dieser Zeit gemeinsam zu adressieren. Der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Köln forderte die Auflösung der KHKT. Seine Vize-Vorsitzende Bettina Heinrichs-Müller bezeichnete das Projekt als "wissenschaftlich komplett überflüssig". (fxn)